Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld
Leitsatz (amtlich)
Daß der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 Abs. 1 MuSchG nach dem Referenzprinzip ohne Rücksicht auf Verdiensterhöhungen während der Mutterschutz fristen berechnet wird, verstößt weder gegen ein europarechtliches Diskriminierungsverbot noch gegen Art. 3 GG.
Normenkette
EGVtr Art. 119; GG Art. 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.05.1994; Aktenzeichen 22 (89) Ca 23.212/93) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Mai 1994 – 22 (89) Ca 23.212/93 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf einen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld.
Der Beklagte zahlte der Klägerin für die Zeit vom 17. Dezember 1992 bis 09. April 1993 einen auf der Grundlage des durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelts aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten berechneten Zuschuß. In der Abweichung vom sonst geltenden Lohnausfallprinzip bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung sieht die Klägerin eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts. Sie verlangt deshalb den sich bei Berücksichtigung der dreiprozentigen Tariferhöhung ab 01. Januar 1993 und des Ortszuschlags nach Stufe 3 ab diesem Zeitpunkt ergebenden Unterschiedbetrag, den sie zuletzt wieder mit 1.165,81 DM netto beziffert.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, § 14 Abs. 1 MuSchG, wonach sich die Höhe der Zuschußleistung des Arbeitgebers nach der sog. Referenzmethode errechne, verstoße nicht gegen zwingendes Europarecht. Dieser Zuschuß falle nicht unter den Begriff Entgelt i.S.v. Art. 119 EG-Vertrag und der Richtlinie 75/117/EG-Vertrag. Vielmehr ergebe sich aus § 14 Abs. 2 und 3 MuSchG, wonach bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder Konkurs des Arbeitgebers der Zuschuß durch die öffentliche Hand finanziert werde, daß es sich dabei um eine sozialversicherungsrechtliche Leistung handele.
Es lasse sich auch keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts feststellen. Auch nach § 2 Abs. 3 LFG (jetzt § 4 Abs. 4 EFG) sei es zulässig, daß für die Ermittlung der Krankenbezüge durch Tarifvertrag anstelle des Lohnausfall das Referenzprinzip zugrunde gelegt werde. Auch werde eine Frau aufgrund des Referenzprinzips nicht notwendig schlechtergestellt. So würden nach dem Lohnausfallprinzip betriebliche Arbeitsausfälle, wie etwa Kurzarbeit, zu einer Verminderung des Zuschusses führen.
Jedenfalls sei eine etwaige Benachteiligung durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hätten. Zweck der gesetzlichen Bestimmung sei nicht, dem Arbeitgeber eine möglichst praktische Regelung für die Berechnung des Zuschusses an die Hand zu geben. Eine Erwägung, die auch im Bereich des Urlaubs in § 11 Abs. 1 BUrlG vorzufinden sei.
Ein etwaiger Verstoß des § 14 Abs. 1 MuSchG gegen die Richtlinie 76/207/EG-Vertrag könnte keinesfalls einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten begründen, weil EG-Richtlinien anders als der EG-Vertrag und Verordnungen keine horizontale Drittwirkung in Privatrechtsverhältnissen zukäme.
Aus den genannten Gründen läge auch kein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 2 oder 3 GG vor.
Gegen dieses ihr am 27. Juni 1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juli 1994 eingelegte und am 22. August 1994, einem Montag, begründete Berufung der Klägerin. Sie tritt der angefochtenen Entscheidung mit Rechtsausführungen entgegen und verweist darauf, daß für die Berechnung des Arbeitsentgelts bei einem Beschäftigungsverbot nach § 11 Abs. 2 MuSchG Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während oder nach Ablauf des Bezugszeitraums einträten, zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils das beklagte Land zu verurteilen, an sie 1.165,81 DM netto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 07. August 1993 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist darauf hin, daß die in der Berufungsinstanz offenbar wieder verlangte Berlinzulage eine öffentlich-rechtliche Leistung darstelle, die lediglich vom Arbeitgeber ausgezahlt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 222 Abs. 2, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO).
2. Die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung war gemäß §§ 263, 267, 523 ZPO unbedenklich.
3. Dem Berufungsbege...