Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des BAT-O auf ein im Beitrittsgebiet begründetes Arbeitsverhältnis nach Einsatz des Arbeitnehmers im Anwendungsbereich des BAT. Anpassung des Arbeitsvertrages und anschließendem erneuten Einsatz im Beitrittsgebiet
Leitsatz (amtlich)
Aus dem bloßen Abschluß eines die Anwendbarkeit des BAT beinhaltenden Arbeitsvertrags nach dem „Posturteil” des BAG vom 30.07.1992, 8 AZR 11/92 ist nicht abzuleiten, daß der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes abweichend vom Prinzip des Tarifvollzuges die Zusage einer übertariflichen Vergütung (BAT statt BAT-O) machen wollte.
Normenkette
TVG §§ 3-4; BAT-O § 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.02.1997; Aktenzeichen 92 Ca 38280/96) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Februar 1997 – 92 Ca 38280/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis.
Nach Übernahme in den Dienst der Beklagten im Beitrittsgebiet war die Klägerin zunächst vom 1. Oktober 1990 bis zum 5. November 1991 im Westteil der Stadt als Angestellte im Schreibdienst eingesetzt. Seit dem 6. November 1991 ist die Klägerin dauerhaft wieder im Ostteil Berlins tätig. Anfang 1993 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, nach dessen Inhalt die Klägerin vom 1. Januar 1991 an als Angestellte im Schreibdienst weiterbeschäftigt wurde und auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT-O Anwendung finden sollte (Bl. 8/9 d.A.). Mit Schreiben vom 10. März 1993 (Bl. 12/13 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß es nach den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 gerechtfertigt und geboten wäre, auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin wegen deren auf nicht absehbare Zeit erfolgten Einsatzes im Westteil Berlins den BAT anzuwenden. Mit Wirkung zum 1. Februar 1992 erhielt die Klägerin Vergütung nach dem BAT und aufgrund einer Nebenabrede vom 25. März 1993 eine Funktionszulage. Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 (Bl. 15–17 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß ihr nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur Leistungen nach dem BAT-O zustünden. Mit Schreiben vom 23. Juli 1996 forderte die Beklagte die nach ihrer Auffassung überzahlten Bezüge für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis zum 30. Juni 1996 zurück, wobei die Forderung zunächst gestundet wurde.
Mit der vorliegenden Klage erstrebt die Klägerin die fortgesetzte Anwendung des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt, einseitig und ohne Änderungskündigung von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen abzuweichen.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 1. Juli 1996 hinaus nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein tarifrechtlicher Anspruch stünde der Klägerin nicht zu, während eine besondere einzelvertragliche Abrede nicht erfolgt sei.
Mit einem am 20. Februar 1997 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Berlin – 92 Ca 83280/96 – die Klage abgewiesen. Es hat dies im wesentlichen damit begründet, daß die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet sei und angesichts ihres erneut dauerhaften Einsatzes seit dem 6. November 1994 auch einen Bezug dazu aufweise, tarifrechtlich nur Leistungen nach dem BAT-O beanspruchen könne, während weitergehende vertragliche Vereinbarungen nicht getroffen worden seien (Bl. 59–63 d.A.).
Gegen diese ihr am 15. April 1997 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit einem am 15. Mai 1997 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 16. Juni 1997 (Montag) begründet.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für unzutreffend; denn die Parteien hätten die Anwendung des BAT ausdrücklich vereinbart (Bl. 81–84 d.A.).
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Februar 1997 – 92 Ca 38280/96 – festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch über den 1.7.1996 hinaus nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich unter Wiederholung ihres bisherigen Vertrages den nach ihrer Auffassung zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an und hebt hervor, daß entgegen der Auffassung der Klägerin eine ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich der Anwendung des BAT nicht getroffen worden sei (Bl. 89–93 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die an sich statthafte, nach dem Beschwerdewert zulässige sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 und 6, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Verbindung...