Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsfreistellungsanspruch bei arbeitnehmerähnlichen Personen
Leitsatz (amtlich)
1) Die im Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze über die Haftungsbeschränkung bei der Ausübung einer schadensgeneigten Tätigkeit können nicht ohne weiteres auf arbeitnehmerähnliche Personen übertragen werden.
2. Das Herstellen eines Manuskriptes für eine Hörfunksendung verbunden mit den entsprechenden Recherchen kann in der Regel nicht als schadensgeneigte Tätigkeit angesehen werden.
Normenkette
BGB §§ 276, 611
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 10.05.1990; Aktenzeichen 19 Ca 8/90) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Mai 1990 – 19 Ca 8/90 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit etwa 20 Jahren überwiegend beim Beklagten im Hörfunk und Fernsehen als Autor/Realisator und Regisseur tätig. Er erzielte beim Sender F. B. 1989 Einkünfte in Höhe von mehr als 150.000,– DM.
Im Jahre 1989 wurde der Kläger entsprechend einem Beschluß der Redaktion der Hörfunk-Sendereihe „Z. – aktuelle Dokumente” damit beauftragt, als Autor den Text für eine Sendefolge mit dem Titel „Anwälte und Kriminalität” zu verfassen, wobei sein Sendebeitrag die Thematik „Anwälte im Zwielicht” zum Gegenstand hatte. In dem vom Kläger erarbeiteten Sendebeitrag waren unter anderem folgende Formulierungen enthalten:
„In der Praxis des ehemals renommierten Rechtsanwalts Prof. W. N. war ein Notar L. tätig. Er wurde inzwischen wegen Veruntreuung von Mandantengeldern rechtskräftig verurteilt. Prof. N. sieht sich zahlreichen Strafanzeigen und Untreuevorwürfen ausgesetzt.
Die Rechtsanwälte Prof. Dr. W. N., K.-G. W., Dr. M. S. und A. C. … werden verdächtigt, Summen in Millionenhöhe veruntreut zu haben.
Rechtsanwalt K.-G. W. führt ohne Vollmachten die Geschäfte der Gesellschaft bürgerlichen Rechts K. und das mit Wissen und Billigung des Beiratsmitgliedes Prof. N.”
Der Kläger legte seinen Text dem verantwortlichen SV-Redakteur, Herrn I., vor, der den Beitrag unter gewissen redaktionellen Änderungen redigierte und ihn zur Sendung freigab. Dieser Beitrag wurde am 30. September 1989 in der Zeit von 19.05 Uhr bis 19.30 Uhr im ersten Hörfunkprogramm des Beklagten gesendet, wobei nicht der Kläger, sondern ein Sprecher den Text vortrug. Wie üblich wurde der Kläger in der Sendung als Autor des Beitrages namentlich angeführt.
Mit einem Telefax-Schreiben vom 12. Oktober 1989 wandte sich Rechtsanwalt Prof. Dr. N. an den Beklagten und forderte von ihm die Unterlassung einer Wiederholung der zitierten Äußerungen sowie die Namensnennung des Autors des Sendemanuskriptes, da er gegen diesen vorgehen wolle. Der Beklagte gab die verlangte Unterlassungserklärung ab, und zwar nach den Angaben des SFB am 23. Oktober 1989 und nach der Behauptung des Klägers bereits am 13. Oktober 1989, und teilte auch den Namen des Klägers Prof. N. mit. Der Kläger selbst erhielt von den Vorgängen erst am 16. Oktober 1989 Kenntnis, da er sich vorher nicht in Berlin (West) aufgehalten hatte. In dem Schreiben des Beklagten vom 23. Oktober 1989 heißt es unter anderem:
„Sehr geehrter Herr Kollege Prof. Dr. N.,
wegen der Sendung „Z.” vom 30. September 1989 nehme ich Bezug auf ihr Schreiben vom 12. Oktober 1989. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verpflichtet sich der S., unter Übernahme einer Vertragsstrafe von DM 10.000,– für jeden künftigen Fall der Zuwiderhandlung folgende Behauptung zu unterlassen:
„In der Praxis des ehemals renommierten Rechtsanwalts Professor W. N. war ein Notar L. tätig. Der ist wegen Veruntreuung von Mandantengeldern rechtskräftig verurteilt worden. Professor N. sieht sich außerdem zahlreichen Strafanzeigen und Untreuevorwürfen ausgesetzt.”
Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß sich die vom S. abgegebene Unterlassungserklärung auf die konkrete, Sachverhalte zusammenziehende Textform bezieht.”
Am 17. Oktober 1989 erwirkte Prof. Dr. N. beim Landgericht Berlin gegen den Kläger eine einstweilige Verfügung – 27 O 772/89 – des Inhalts, daß ihm bei Verwirkung von Ordnungsmitteln die oben zitierten Äußerungen untersagt und die Verfahrenskosten auferlegt werden. Gegen die einstweilige Verfügung legte der jetzige Kläger einen allein gegen den Kostenausspruch gerichteten Widerspruch ein und erklärte zugleich, daß er auf einen weitergehenden Widerspruch und auf die Rechte aus den §§ 926, 927 ZPO „für solche Einwendungen verzichte, die zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung vorgelegen haben.” Durch Urteil vom 9. November 1989 bestätigte das Landgericht die einstweilige Verfügung im Kostenausspruch. Die dagegen vom Kläger beim Kammergericht eingereichte sofortige Beschwerde wurde durch Beschluß vom 13. Februar 1990 – 9 W 7987/89 – kostenpflichtig zurückgewiesen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Oktober 1989 hatte der Kläger vom S. die Freistellung von den Prozeßkosten dieses Verfahrens verlangt. Der Beklagt...