Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Probezeit. Zurückweisung der Zurückweisung der Vollmachtsrüge
Leitsatz (amtlich)
1. Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis gem. § 15 Abs. 1 BBiG von beiden Vertragsparteien jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Kündigungsgrund gelöst werden. Dabei kann die Kündigung auch am letzten Tag der Probezeit zugehen. Die Probezeit nach § 13 BBiG kann nach Vereinbarung eines weiteren Ausbildungsverhältnisses im Anschluss an ein vorzeitig beendetes Berufsausbildungsverhältnis mit einem anderen Ausbildenden erneut vereinbart werden.
2. Die Zurückweisungserklärung einer Prozessbevollmächtigten nach § 174 Satz 1 BGB kann ihrerseits wegen der Nichtvorlage einer Vollmacht zurückgewiesen werden.
Normenkette
BGB § 174 S. 1; BBiG § 15
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 13.01.2004; Aktenzeichen 54 Ca 1159/04) |
Tenor
1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Januar 2004 – 54 Ca 1159/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten unter anderem um die Wirksamkeit einer Kündigung einer Auszubildenden am letzten Tag der Probezeit.
Die beklagte Auszubildende war zunächst bei einem anderen Ausbildungsbetrieb derselben Handwerkssparte vom 01. August 2001 bis zum 30. Juni 2003 beschäftigt. In diesem Ausbildungsverhältnis wurde eine Probezeit vereinbart. Mit Ausbildungsvertrag vom 15. Juli 2003 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag unter Anrechnung der vorausgegangenen Ausbildung vom 01. Juli 2003 bis zum 31. August 2004 mit einer Probezeit von drei Monaten (vgl. dazu den Ausbildungsvertrag in Kopie Bl. 10 d. A.).
Mit Schreiben vom 29. September 2003, der Beklagten am 30. September 2003 zugegangen, kündigte eine Steuerberaterin im Namen des klagenden Arbeitgebers das Ausbildungsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 30. September 2003. Unterschrieben war das Schreiben nicht von der Steuerberaterin, sondern von deren Angestellter, einer Frau Z..
Mit Schreiben vom 01. Oktober 2003 wies die Prozessbevollmächtigte der Beklagten unter anderem die Kündigung unter Hinweis darauf zurück, dass eine Vollmachtsurkunde nicht beigefügt worden sei. Ferner heißt es dort: „Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.”
Mit weiterem Schreiben vom 06. August 2003 wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinerseits die Zurückweisung unter anderem mit Hinweis darauf zurück, dass der Zurückweisung selbst keine Vollmacht beigefügt war.
Der von der Beklagten angerufene Schlichtungsausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten bei der Frisörinnung Berlin hob unter anderem die Kündigung vom 29. September 2003 mit Beschluss vom 12. November 2003 auf. Der Spruch wurde von der Beklagten, jedoch nicht vom Kläger anerkannt. Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 26. November 2003 eingegangenen Klage hat er unter anderem die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Kündigung vom 29. September 2003 beendet worden ist.
Das Arbeitsgericht Berlin hat der Klage mit Urteil vom 13. Januar 2004 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Zurückweisung der Kündigung seitens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten selbst gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam gewesen sei, da sie keine Vollmacht beigefügt hätte. Das Ausbildungsverhältnis habe noch am letzten Tag der Probezeit gekündigt werden können. Wegen des konkreten Wortlauts der Entscheidung und des Vortrags der Parteien in der I. Instanz wird auf das Urteil Bl. 60 bis 64 d. A. verwiesen.
Gegen dieses ihr am 06. Februar 2004 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 13. Februar 2004 eingegangene und am 16. März 2004 begründete Berufung der Beklagten. Sie rügt eine Rechtsverletzung durch das Arbeitsgericht. § 174 Satz 1 BGB sei auf die Zurückweisungserklärung selbst nicht anwendbar. Eine Bevollmächtigung nach §§ 164 ff BGB habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe ihr am 01. Oktober 2003 eine Vollmacht im Original erteilt. Diese Vollmacht sei der Steuerberaterin ebenso wie dem Kläger übersandt worden (Beweis: Frau C.R.).
Weiter sei durch das Arbeitsgericht Berlin nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagte bereits im vorangegangenen Ausbildungsverhältnis erprobt worden sei, so dass die Vereinbarung einer erneuten Probezeit unzulässig sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Januar 2004 54 Ca 1159/04 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen des konkreten Vortrags der Parteien in der II. Instanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 09. März 2004 (Bl. 82 ff d. A.) und des Klägers vom 19. April 2004 (Bl. 100 ff d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 c, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässig Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemä...