Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung außergerichtlicher Kosten. Anwaltsbeauftragung. Rücknahme der Berufung
Leitsatz (redaktionell)
Mit der Zustellung der Berufung entsteht zwischen den Parteien ein Prozessrechtsverhältnis für die zweite Instanz. Der Berufungsbeklagte ist daher gehalten und berechtigt, sich auf seine Rechtsverteidigung einzurichten und die dafür gebotenen Maßnahmen zu veranlassen. Hierzu gehört die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Prozessvertretung. Dieser verfügt über die dafür erforderlichen Fachkenntnisse und die nach § 11 Abs. 2 ArbGG erforderliche Postulationsfähigkeit. Dabei braucht er nicht so lange zu warten, bis der Berufungskläger sein Rechtsmittel begründet hat. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist er berechtigt, sogleich einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
ArbG Senftenberg (Beschluss vom 18.03.2002; Aktenzeichen 1 Ca 724/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 18.3.2002 – 1 Ca 724/01 – abgeändert:
Die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 365,76 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 04.02.2002 festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Festsetzungsverfahrens 1. Instanz haben der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 279,06 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 07.08.2001 – 1 Ca 724/01 – am 18.09.2001 Berufung eingelegt und sie am 10.10.2001 zurückgenommen. Mit dem am 28.09.2001 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 27.09.2002 haben sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers bestellt und die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 01.11.2002 den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 DM festgesetzt und mit weiterem Beschluss vom 24.01.2002 die Beklagte verpflichtet, die Kosten der Berufung zu tragen. Mit Schriftsatz vom 01.02.2002 hat der Kläger beantragt, die ihm von der Beklagten zu erstattenden Kosten entsprechend folgender Berechnung auf 582,37 Euro festzusetzen:
Gegenstandswert: 7.669,38 Euro (15.000.00 DM) |
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Prozessgebühr 13/10: |
481,59 Euro |
Post- und Telekommunikation: |
20,45 Euro |
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Zwischensumme: |
502.04 Euro |
16 % Mehrwertsteuer: |
80,33 Euro |
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Gesamtbetrag: |
582,37 Euro |
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass der Kläger lediglich eine 13/20 Prozessgebühr in Ansatz bringen könne, weil die Berufung vor Antragstellung und Begründung zurückgenommen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 18.03.2002 – 1 Ca 724/01 – die zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 582,37 Euro nebst Zinsen festgesetzt. Der Beschluss ist der Beklagten am 21.03.2002 zugestellt worden. Gegen ihn richtet sich ihre am 03.04.2002 eingegangene sofortige Beschwerde, der das Arbeitsgericht gemäß Beschluss vom 17.04.2002 nicht abgeholfen hat. Es ist der Auffassung, dass der Kläger einen Sachantrag gestellt hat und daher die volle Prozessgebühr zu erstatten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
Nach dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 14.01.2002 hat die Beklagte die Kosten der Berufung zu tragen. Sie hat daher dem Kläger nach § 91 ZPO die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Maßgebend ist dabei, ob die kostenauslösende Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei objektiver Beurteilung eine Förderung des Prozesserfolges erwarten ließ (vgl. MüKo zur ZPO, § 91 Rn. 17: Stein/Jonas/Bork, 21. Auflage, § 91 Rn. 45). In diesem Zusammenhang ist es streitig, ob und in welchem Umfang die Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch den Berufungsbeklagten im Sinne des § 91 ZPO notwendig und damit erstattungspflichtig sind, wenn die Berufung noch vor ihrer Begründung zurückgenommen wird (vgl. Gerold/Schmidt, BRAGO, 14. Auflage, § 31 Rn. 20; Hartmann, Kostengesetze, 31. Auflage, § 31 BRAGO Rn. 18, 19).
Mit der Zustellung der Berufung entsteht zwischen den Parteien ein Prozessrechtsverhältnis für die zweite Instanz. Der Berufungsbeklagte ist daher gehalten und berechtigt, sich auf seine Rechtsverteidigung einzurichten und die dafür gebotenen Maßnahmen zu veranlassen. Hierzu gehört die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Prozessvertretung. Dieser verfügt über die dafür erforderlichen...