Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Erzieherin im Wohnheim einer Förderschule

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Darlegungslastanforderungen der tariflichen Tatbestandsvoraussetzungen der „besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten” im Hinblick auf die Tätigkeit in Gruppen von Behinderten iSv § 39 BSHG:

 

Normenkette

BAT-O § 22; BSHG § 39

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 07.11.1993; Aktenzeichen 1-0 (6) Ca 626/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.11.1997; Aktenzeichen 4 AZR 871/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.11.1993 – 1-O (6) Ca 626/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach der Anlage 1 a zum BAT-O, an den sie aufgrund ihrer Organisationszugehörigkeit gebunden sind.

Die am 1.6.1939 geborene Klägerin ist staatlich anerkannte Erzieherin und seit 1962 im pädagogischen Dienst tätig. Seit dem 1.8.1978 ist sie als Erzieherin im Wohnheim der Förderschule in L. tätig. Gemeinsam mit einer weiteren Erzieherin leitet sie eine Kindergruppe mit 11 Kindern im Alter von 9 bis 12 Jahren. Ihr mit dem Land Brandenburg und dessen Rechtsvorgänger bestehendes Arbeitsverhältnis ging zum 1.9.1992 auf den Landkreis L. über, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist. Mit Schreiben vom 4.10.1991 teilte ihr das Land mit, daß sie ab dem 1.12.1991 in die VerGr. V c BAT eingruppiert sei. Seither wird sie nach dieser Vergütungsgruppe vergütet. In Bezugnahme auf ein Schreiben der Klägerin vom 14.11.1991 teilt ihr das staatliche Schulamt unter dem 7.2.1992 (Bl. 92) mit, daß es bis zu einer eventuellen Regelung des Bewährungsaufstiegs bei dieser Vergütungsgruppe bleibe. Mit Schreiben vom 16.12.1992 (Bl 94) lehnte es in Beantwortung eines Schreibens der Klägerin vom 12.12.1992 (Bl 93) ihre Höhergruppierung ab. In dem mit dem Landkreis L. abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 26.8.1992 (Bl. 26) sind unter anderem folgende Regelungen enthalten:

„…

§ 3

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Ausserdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

§ 5

Der/Die Angestellte ist in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a/1b zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT)

…”

Mit der am 16.6.1993 bei dem Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Feststellungsklage machte die Klägerin gegenüber dem Landkreis ihre Eingruppierung in die VerGr. V b BAT-O geltend. Mit der am 6.7.1993 eingegangenen Klage forderte sie von dem beklagten Land die Zahlung der Differenz zwischen den VerGr. V c und V b BAT-O in Höhe von 1.612,59 DM brutto für die Zeit vom 1.12.1991 bis zum 31.8.1992. Mit Beschluß vom 10.9.1993 (Bl 42) hat das Arbeitsgericht beide Verfahren verbunden.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf eine Tätigkeitsbeschreibung (Bl 46–48) behauptet, daß sie die Eingruppierungsvoraussetzungen der VerGr. V b Fallgruppe 5 erfülle, weil sie seit 1978 als staatlich anerkannte Erzieherin über ihre gesamte Arbeitszeit hin besonders schwierige fachliche Tätigkeiten auszuüben habe und sich in der Vergütungsgruppe V c BAT-O über mehr als vier Jahre bewährt habe. Dabei seien für sie die in der Protokollerklärung Nr. 6 b aufgeführten beiden Beispiele einschlägig. Ihre Gruppe bestehe aus lernbehinderten, verhaltensgestörten Kindern mit einer mittleren bis schweren Debilität. Daher seien sie Behinderte im Sinne des § 39 BSHG und hätten zudem wesentliche Erziehungsschwierigkeiten aufzuweisen. Diese seien immer dann anzunehmen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Kinder Symptome aufzuweisen hätten wie Nervosität, Unruhe, Ängstlichkeit, Verhaltensstörungen, Agressivität, mangelndes Selbstvertrauen, Konzentrationsschwäche, Verschlossenheit, Sprachschwierigkeiten, Übermüdung, fehlende Belastbarkeit und Orientierungslosigkeit. Ihre Tätigkeit sei nicht nur darauf gerichtet, die Kinder zu betreuen und zu kontrollieren, sondern gerade darauf, auf ihre Behinderungen und Störungen einzugehen, sie durch geeignete Maßnahmen zu beheben oder zumindest zu mindern und die Kinder auf ihr zukünftiges Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Ihre Tätigkeit sei deswegen besonders schwierig, weil an sie besondere Anforderungen hinsichtlich medizinischer, psychologischer und pädagogischer Kenntnisse gestellt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.612,59 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen;
  2. festzustellen, daß der beklagte Landkreis verpflichtet ist, an die Klägerin nach dem 1.9.1992 Vergütung gemäß Vergütungsgruppe V b BAT-O zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben das Vorliegen der Eingruppierungsvoraussetzungen nach der Vergütungsgruppe V b BAT-O bestritten und behauptet, daß die Klägerin keine besonders schwierige fachliche Tätigkeit au...

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