Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Insolvenzverschleppung
Leitsatz (redaktionell)
Der Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den Geschäftsführer einer insolvent gewordenen GmbH wegen nicht rechtzeitiger Insolvenzantragstellung beschränkt sich auf den Quotenschaden, der sich aus einem Vergleich der Befriedigungsquote bei rechtzeitiger Antragstellung und derjenigen der verspäteten Antragstellung ergibt.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; GmbHG § 64 Abs. 1; StGB § 263
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 20.10.2004; Aktenzeichen 1 Ca 1376/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom20.10.2004 – 1 Ca 1376/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch, den der vom 28.12.2001 bis 31.03.2002 bei der M. Montageservice GmbH (im Folgenden: GmbH) beschäftigte Kläger gegen den Beklagten als ehemaligem Geschäftsführer dieser GmbH wegen Insolvenzverschleppung geltend macht.
Der Kläger erwirkte gegen die GmbH wegen unterlassener Lohnzahlung für die Monate Januar bis März 2002 ein Versäumnisurteil vom 31.05.2002, das nach Rücknahme des Einspruchs rechtskräftig wurde. Im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil erfuhr der Kläger am 26.06.2003, dass die GmbH Insolvenzantrag gestellt hatte und dieser mangels Masse am 28.06.2002 abgewiesen worden war.
Gemäß Rückforderungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit vom 27.02.2003 und 27.01.2004 erhielten 21 ehemalige Arbeitnehmer der GmbH Insolvenzgeld. Der Kläger stellte einen entsprechenden Antrag nicht.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Vergütung für die genannten Monate gegenüber dem Beklagten geltend gemacht mit der Begründung, angesichts offener Lohnforderungen sei die GmbH bereits im Dezember 2001 überschuldet gewesen; er hätte einen Arbeitsvertrag bei Kenntnis dieses Umstandes nicht abgeschlossen und keine Arbeitsleistung erbracht, so dass der Geschäftsführer ihm gegenüber zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei.
Das Arbeitsgericht Neuruppin hat durch das am 20.10.2004 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 55 bis 56 d. A.), die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es fehle an Darlegungen des Klägers zur Kausalität zwischen der behaupteten Verletzung der Verpflichtung des Geschäftsführers zur Anmeldung der Insolvenz und dem behaupteten Schaden, zumal der Kläger es unterlassen hat, seinen Anspruch auf Insolvenzgeld zu realisieren, obwohl er den Antrag noch nach Kenntniserlangung im Juni 2003 innerhalb von zwei Monaten hätte stellen können.
Gegen dieses ihm am 01.11.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 25.11.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 27.12.2004 begründet.
Der Kläger trägt vor: Er hätte bei Kenntnis des Umstandes, dass die GmbH einigen Arbeitnehmern noch über Monate Lohn schuldete, das Arbeitsverhältnis nicht angetreten. Spätestens im Januar sei die GmbH zur Offenlegung ihrer Zahlungsunfähigkeit verpflichtet gewesen, dann hätte er die Arbeit nicht fortgesetzt. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass jemand eine Arbeitsleistung erbringe in Erwartung, er werde keine Vergütung erhalten. Ob er bei einer Antragstellung nach dem 26.06.2003 noch Insolvenzgeld hätte beziehen können, sei fraglich. Eine entsprechende Schadensminderungspflicht bestünde nicht, da sein Anspruch dann nur auf die Bundesagentur übergegangen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 20.10.2004 – 1 Ca 1376/04 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
- an den Kläger 1.213,41 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2002,
- an den Kläger 1.632,00 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2002,
- an den Kläger 1.495,32 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 lit b) ArbGG zulässige Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 3, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.
2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, so dass seine Klage zurecht abgewiesen worden ist.
2.1 Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG.
2.1.1 Verletzt der Geschäftsführer einer GmbH die ihm nach § 64 Abs. 1 GmbHG obliegende Pflicht, ...