Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit. Bereitschaftsdienst. Arbeitsschutzrecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Arbeitszeitrichtlinie 104/93/EG betrifft den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz. Selbst wenn ein Arbeitgeber europarechtlich gehindert gewesen wäre, einen Bereitschaftsdienst anzuordnen, der zusammen mit der regulären Arbeitszeit zu einer über 48 Wochenstunden hinausgehenden zeitlichen Belastung der Arbneitnehmer führt, hat dies nicht zur Folge, dass die Zeit des Bereitschaftsdienstes vergütungsrechtlich wie reguläre Arbeit zu behandeln ist.
Normenkette
ArbZG § 25; Richtlinie 104/93/EG; DRK-TV
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 05.07.2001; Aktenzeichen 5 Ca 652/01) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 05.07.2001 – 5 Ca 652/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Pflicht des Klägers zur Ableistung von Bereitschaftsdienst über eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus sowie die für geleistete Bereitschaftsdienste zu entrichtende Vergütung.
Der Kläger ist im Rettungsdienst der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifbestimmungen für das Deutsche Rote Kreuz Anwendung. In § 4 des Arbeitsvertrages ist geregelt: „Die regelmäßige Arbeitszeit (§ 14 Abs. 1 des DRK-Tarifvertrages) kann unter Voraussetzung des § 14 Abs. 2 des DRK-Tarifvertrages verlängert werden. Mit Zahlung der Vergütung ist die verlängerte regelmäßige Arbeitszeit abgegolten (§ 24 Abs. 2 des DRK-Tarifvertrages).” § 14 DRK-Tarifvertrag Ost lautet:
„(1)
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. (…)
(2)
Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden (…)
b) Bis 11 Stunden täglich (durchschnittlich 55 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt (…)
(5)
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit entsprechend dem Anteil der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Zeit der Arbeitsleistung als Arbeitszeit gewertet und mit der Überstundenvergütung (§ 39 Abs. 3 Unterabs. 2) vergütet. Die Bewertung darf 15 v. Hundert, vom 8. Bereitschaftsdienst im Kalendermonat an 25 v. Hundert nicht unterschreiten.(…)”
In den Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten heißt es u. a:
„Präambel
Die Gesellschaft ist eine Einrichtung des Deutschen Roten Kreuzes und arbeitet ausschließlich auf der Grundlage der Grundsätze des Deutschen Roten Kreuzes (…). Insbesondere beschränkt sie sich auf satzungsgemäße Aufgaben gemäß § 2 der DRK-Satzung und beachtet die allgemeinen Roten-Kreuz-Grundsätze gemäß § 1 Abs. 5 der DRK-Satzung.
(…)
§ 3
(…)
II.1.
Die Gesellschafter
- der DRK Kreisverband Nxxxxxxxx e. V.
- der DRK Verband Oxxxxxxxxxx e. V.
sind gemeinnützige Vereine im Sinne der §§ 52 und 55 AO.
(…)
§ 8
I.
Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat, der aus mindestens drei, höchstens sechs Mitgliedern besteht.
(…)
II.
Der Aufsichtsrat wird durch den DRK Verband Oxxxxxxxxxx e. V. mit drei Personen besetzt, während der Kreisverband des DRK Nxxxxxxxx ebenfalls drei Personen in den Aufsichtsrat wählt.
(…)”
Mit Vertrag vom 01.01.1998 wurde der Beklagten vom Landkreis Oxxxxxxxxxx-Rxxxxx die Durchführung des Rettungsdienstes nach dem Brandenburgischen Rettungsdienstgesetz übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 130 d. A. ff.) Bezug genommen.
Der Kläger arbeitet in einem 2-Schicht-System von 06.00 bis 18.00 bzw. von 18.00 bis 06.00 Uhr mit einem von der Beklagten festgesetzten Arbeitszeitsoll von 54 Wochenstunden. Während der Dienstzeiten muss der Kläger ständig an der Arbeitsstelle präsent und wach sein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund des Urteils des EUGH vom 03.10.2000 (Simap) sei er nicht verpflichtet, mehr als 48 Stunden wöchentlich einschließlich der Bereitschaftsdienste zu arbeiten. Da die Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit zu werten seien, habe die Beklagte die wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete Arbeit als Mehrarbeit zu vergüten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 7.488,72 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. DÜG aus
- DM 1.441,40 seit dem 14. Oktober 2000
- DM 1.350,80 seit dem 16. November 2000
- DM 1.713,20 seit dem 16. Dezember 2000
- DM 1.260,20 seit dem 16. Januar 2001
- DM 1.550,12 seit dem 16. Februar 2001
- DM 173,00 seit dem 16. März 2001
zu zahlen;
- festzustellen, dass die regelmäßige ...