Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Urteil vom 21.08.1997; Aktenzeichen N 1 Ca 680/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 21.08.1997 – N 1 Ca 680/97 – abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom Beklagten mit Schreiben vom 10.02.1997 ausgesprochenen Kündigung wegen krankheitsbedingter Abwesenheit der Klägerin.
Die Klägerin war bei dem Beklagten, bei dem insgesamt 21 Mitarbeiter beschäftigt werden, seit dem 01.01.1993 als Leiterin des Bauamtes tätig. Am 17.06.1996 erlitt die Klägerin einen unverschuldeten Verkehrsunfall und ist seit diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krank. Ausweislich eines dem Beklagten vorgelegten ärztlichen Attestes vom 04.02.1997 wird bescheinigt, die Klägerin „ist weiterhin arbeitsunfähig, (Unfall vom 17.06.1996) Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist vorerst nicht absehbar. Neue Entscheidung für April/97 vorgesehen”. Mit Schreiben vom 10.02.1997 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristgerecht zum 31.03.1997.
Unter dem 01.12.1997 erteilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Klägerin auf ihren Antrag vom 03.07.1996 einen Rentenbescheid wegen Erwerbsunfähigkeit befristet für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.10.1998.
Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, dem Vorbringen der Parteien und ihrer Antragstellung in erster Instanz wird unter Hinweis auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 77 bis 80 d.A.) gem. § 543 ZPO abgesehen. Das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel hat in seinem Urteil vom 21.08.1997 – N 1 Ca 680/97 – der Klage stattgegeben und den Streitwert auf DM 15.000/00 festgesetzt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, daß eine Wiederherstellung der Gesundheit der Klägerin nicht völlig ungewiß und eine Beeinträchtigung der betrieblichen Belange nicht gegeben sei. Denn der Beklagte habe einen ganz erheblichen Teil der von der Klägerin zu leistenden Arbeitsaufgaben an eine Entwicklungsgesellschaft übertragen und nicht dargetan, daß dies eine erhebliche betriebliche Ablaufbelastung nach sich ziehe und Kosten für den Beklagten entstehen würden.
Gegen das ihm am 09.12.1997 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06.01.1998 Berufung eingelegt und begründet. Er trägt vor, es bestehe eine völlige Ungewißheit über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin und es habe ihr Arbeitsplatz neu besetzt werden müssen, weil eine Kompensation der Abwesenheit der Klägerin durch Umstrukturierungen und Vergabe von Arbeiten an Drittfirmen nicht hätte kompensiert werden können.
Er beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel – N 1 Ca 680/97 – vom 21.08.1997, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, es sei nicht von einer völligen Ungewißheit der Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit auszugehen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der betrieblichen Belange des Beklagten bestehe nicht.
Im übrigen wird auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gem. §§ 61 Abs. 1, 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO.
II.
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.
1. Wegen der Dauer des Arbeitsverhältnisses der Klägerin bei dem Beklagten von mehr als 6 Monaten und der Größe der Dienststelle, in der regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die privilegierenden Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
Das Feststellungsinteresse i. S. v. § 256 Abs. 2 ZPO ist im Hinblick auf die Regelung der §§ 4 Satz 1, 7 KSchG gegeben. Mit der bei Gericht am 27.02.1997 eingereichten Klage hat sich die Klägerin rechtzeitig innerhalb von drei Wochen gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung gewehrt, § 4 KSchG.
2. Die mit dem Kündigungsschreiben vom 10.02.1997 ausgesprochene. Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis deshalb nicht beenden können. Der Beklagte stützt die Kündigung auf personenbedingte Gründe wegen der langen Krankheit der Klägerin und einer negativen Prognose in Bezug auf die Wiederherstellung deren Arbeitsleistung sowie die daraus entstehenden Probleme, daß der Ausfall der Klägerin nicht auszugleichen sei.
Insofern ist zu prüfen, ob eine negative Gesundheitsprognose berechtigt war, daß die zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes der Klägerin zu einer erheblichen Beeint...