Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Urteil vom 11.03.1998; Aktenzeichen 1 Ca 4341/97) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Potsdam v. 11.03.1998 – 1 Ca 4341/97 – abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 162,00 brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 20.08.1997 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
II. Die Revision wird … zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger einen Urlaubsgeldanspruch für 6 Urlaubstage hat, nachdem er von der nach § 4 a EFZG eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat.
Der Kläger war ab dem 02.01.1990 bei der Fa. … als Kraftfahrer auf der Basis eines – undatierten – schriftlichen Arbeitsvertrages beschäftigt. In Ziff. 16 des schriftlichen Arbeitsvertrages ist unter der Überschrift „Besondere Vereinbarungen und Ausschlußfristen” geregelt:
„Der Arbeitnehmer ist zur sofortigen Nachprüfung der Abrechnung und/oder des gezahlten Geldbetrages verpflichtet. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind beiderseits spätestens vier Wochen nach Fälligkeit schriftlich durch eingeschriebenen Brief geltend zu machen, andernfalls verfallen sie. Werden Ansprüche innerhalb der genannten Frist erhoben, jedoch bestritten oder bleiben unbeantwortet, so ist innerhalb einer weiteren Frist von vier Wochen Klage zu erheben. Wird diese innerhalb der genannten Frist nicht erhoben, so erlischt der Anspruch. Ausgenommen von dieser Vereinbarung sind Ansprüche aus unerlaubter Handlung. (§ 823 BGB) …”;
auf den weiteren Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages, Bl. 12 f. d. A., wird Bezug genommen.
Auf dieses Arbeitsverhältnis fand kraft der beiderseitigen Tarifbindung der damaligen Arbeitsvertragesparteien der „Manteltarifvertrag-West” zwischen dem Verband der Berliner Spediteure Berlin u. Brandenburg e. V. und der Gewerkschaft ÖTV – Bezirksverwaltung Berlin – (im folgenden: MTV Spediteure) Anwendung. In § 6 Ziff. 6 ist folgendes geregelt:
„6. Urlaubsgeld
Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten ein Urlaubsgeld nach Betriebszugehörigkeit:
nach |
1 |
Jahr |
DM 23,– |
nach |
2 |
Jahren |
DM 25,– |
nach |
5 |
Jahren |
DM 27,– |
nach |
10 |
Jahren |
DM 30,– |
Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 20 Wochenstunden erhalten anteiliges Urlaubsgeld gemäß ihrer Arbeitszeit, solche mit 20–30 Wochenstunden erhalten 75 % und über 30 Wochenstunden 100 % dieser Sätze.
- Soweit bisher von einem Arbeitgeber freiwillig ein höheres Urlaubsgeld erbracht sein sollte, ist er berechtigt, dieses auf das vorgenannte Urlaubsgeld anzurechnen.”
Ferner regelt der MTV Spediteure in seinem § 14 das
„Erlöschen von Ansprüchen
- Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Entstehung geltend zu machen.
- Nach Ablauf der vorgenannten Frist können Ansprüche nicht mehr gestellt werden.”
Die frühere Arbeitgeberin des Klägers veräußerte ihren Beschäftigungsbetrieb per 01.03.1996 an die Beklagte, die nicht tarifgebunden ist.
In der Zeit vom 14.03. bis zum 02.05.1997 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Er machte von der durch § 4 a EFZG eröffneten Möglichkeit Gebrauch und nahm für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit 6 Urlaubstage zum Ausgleich einer 100 %igen Entgeltfortzahlung in Anspruch. Die Beklagte leistete an ihn die 100 %ige Entgeltfortzahlung, weigerte sich jedoch, das tarifliche Urlaubgeld in Höhe von 6,27 DM zu zahlen.
Nachdem der Kläger mit dem Schreiben vom 22.06.1997 und vom 19.07.1997 seinen Urlaubsgeldanspruch geltend gemacht und die Beklagte mit Schreiben vom 25.08.1997 ihn abgelehnt hatte, hat er ihn mit seiner beim Arbeitsgericht Potsdam am 09.09.1997 eingegangenen Klage gerichtlich weiterverfolgt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß die von ihm in Anspruch genommenen Arbeitstage Urlaubstage seien. Die Beklagte sei deshalb zur Zahlung des Urlaubsgeldes verpflichtet.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 162,00 brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 20.08.1997 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger nur einen Anspruch auf ein Urlaubsgeld habe, wenn er den Urlaub tatsächlich in Anspruch genommen habe. Im übrigen sei ein möglicher Anspruch sowohl aufgrund der einzelvertraglichen als auch aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlußfrist erloschen.
Mit Urteil vom 11.03.1998 hat das Arbeitsgericht Potsdam die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung, auf deren Einzelheiten, Bl. 36 ff. d. A., Bezug genommen wird, hat es vor allem ausgeführt, daß dem Kläger schon deshalb kein Anspruch zustehe, weil nach der gesetzlichen Formulierung des § 4 a EFZG ihm nur solche Ansprüche zuständen, die Entgeltfortzahlungscharakter trügen. Da nach der Rechtsprechung des BAG das Urlaubsgeld dazu diene, die erhöhten Urlaubsaufwendungen zumindest teilweise abzudecken, werde dieser Anspruch nicht von § 4 a EFZG erfaßt.
Gegen das ihm am 19.06.1998 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger am 01.07.1998 Berufung beim Landesarbeitsgericht Brandenburg eing...