Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Urteil vom 02.07.1997; Aktenzeichen 8 Ca 3303/96) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom02.07.1997 – 8 Ca 3303/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer vom beklagten Land mit Schreiben vom 07. November 1996 erklärten und dem Kläger am 12.11.1996 zugegangenen Anfechtung des Arbeitsvertrages vom 31. August 1993 wegen arglistiger Täuschung.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Mit Urteil vom 02. Juli 1997 hat das Arbeitsgericht Potsdam den klägerischen Antrag festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis nicht durch die Anfechtung des beklagten Landes vom 07.11.1996 unwirksam geworden oder aufgelöst ist, abgewiesen. Der Kläger habe das beklagte Land arglistig getäuscht, indem er bei Abschluß des Arbeitsvertrages ein gegen ihn laufendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren verschwiegen habe. Er sei zuvor entsprechend gefragt und belehrt worden. Die Frage des Arbeitgebers nach einem laufenden Ermittlungsverfahren sei auch zulässig. Das beklagte Land müsse beurteilen können, ob der Kläger geeignet und befähigt sei, bei einem Polizeibediensteten gehöre dazu auch die Einschätzung eines möglicherweise strafrechtlich relevanten Verhaltens. Die Täuschung sei auch ursächlich für den Abschluß des Vertrages, der Kläger habe auch arglistig gehandelt. Die Anfechtung sei weder verfristet noch treuwidrig ausgeübt worden, da das beklagte Land erst nach dreijährigem Arbeitsverhältnis vollständig über die Vorstrafen des Klägers aufgeklärt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Gegen dieses dem Kläger am 04. September 1997 zugestellte Urteil hat er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 25. September 1997 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die mit beim Landesarbeitsgericht am 23. Oktober 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.
Der Kläger wendet sich gegen das angefochtene Urteil und behauptet, die Erklärung des Bewerbers (vgl. Bl. 58 d. A.) sei vom Kläger am 16.11.1992 und nochmals im Frühjahr 1993 in Potsdam-Eiche unterschrieben worden. Zum Zeitpunkt der zweiten Unterschrift sei die Rubrik Straftat handschriftlich ergänzt worden, also zu einem Zeitpunkt, als dem Kläger die Fahrerlaubnis wieder ausgehändigt gewesen sei. Das Urteil habe das Persönlichkeitsrecht des Klägers, die Unschuldsvermutung und sein Interesse am Arbeitsplatz einseitig und zu seinen Lasten hinter das Interesse des Arbeitsgebers an der Feststellung der Eignung und Zuverlässigkeit des Klägers treten lassen. Das Schweigen des Klägers sei nicht kausal für den Abschluß des Arbeitsvertrages, denn der Kläger habe eine Straftat angegeben, was der Arbeitgeber nicht zum Anlaß genommen habe, den Abschluß des Arbeitsvertrages abzulehnen. Es sei fraglich, ob die Mitteilung zum Ermittlungsverfahren zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Dem Kläger sei nicht bewußt gewesen, offenbarungspflichtige Tatsachen verschwiegen zu haben. Die Prozeßvollmacht vom 30.08.1993 (vgl. Bl. 63 d. A.) habe der Kläger weder ausgefüllt noch überprüft. Die Beschuldigtenbenachrichtigung habe er rechtsirrig nicht als Teil des Ermittlungsverfahrens angesehen. Im übrigen sei die Anfechtung des beklagten Landes treuwidrig. Das Arbeitsverhältnis sei ausweislich der dienstlichen Beurteilung vom 11.01.1996 (vgl. Bl. 135 d. A.) unbeanstandet verlaufen. Nach Kenntnis aller Anfechtungsgründe sei der Kläger noch 10 Monate beschäftigt worden. Seit April 1993 sei der Kläger strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Mit seinem Schreiben vom 02.02.1996 (vgl. Bl. 136 d. A.) habe der Kläger sich vollständig und lückenlos offenbart.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 02.07.1997 – 8 Ca 3303/96 – festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Anfechtung des beklagten Landes vom 07.11.1996 aufgelöst worden ist.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es verteidigt das angefochtene Urteil überwiegend mit Rechtsausführungen und behauptet, erst in den dem Beklagten im Rahmen der angestrebten Verbeamtung überreichten Unterlagen vom 15.01.1996 habe der Kläger Angaben zu der gegen ihn verhängten Geldstrafe wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz und dazu gemacht, daß er bereits 1992 zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Erst im Schreiben vom 04.06.1996 (vgl. Bl. 60 und 61 d. A.) habe er erstmals zum Vorwurf der Sachbeschädigung wegen der Beschädigung der auf dem Acker befindlichen Saat im April 1993 Stellung genommen. Bis dahin sei dem beklagten Land dieser Sachverhalt nicht bekannt gewesen. Der Kläger habe als Polizist eine besondere Vertrauensstellung gehabt, daraus ergebe sich das berechtigte Interesse des beklagten Landes an der Kenntnis anhängiger Ermi...