Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Einzelvertragliche Klausel
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer zweistufigen Ausschlussfristenregelung im Formulararbeitsvertrag führt die Unwirksamkeit zur 2. Stufe nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel.
2. Eine beiderseitige Frist zur schriftlichen Geltendmachung von einem Monat im Formulararbeitsvertrag benachteiligt den Arbeitnehmer gem. § 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB unangemessen.
Normenkette
BGB § 305 ff., § 307
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 11.01.2005; Aktenzeichen 6 Ca 3144/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom11.01.2005 – 6 Ca 3144/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt nur noch über die Vergütung des bis zum 30.08.2004 bei der Beklagten als Produktionsarbeiter gegen einen Stundenlohn von 5,37 EUR zuzüglich eines Leistungszuschlages beschäftigten Klägers für den Monat August 2004 und die Abrechnung für diesen Monat.
Der Kläger hat mit der am 10.11.2004 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen und der Beklagten am 13.11.2004 zugestellten Klage – neben Gehaltsabrechung und Aushändigung von Arbeitspapieren – die Vergütung für August in der – unstreitigen – Höhe von 945,12 EUR brutto geltend gemacht. Die Beklagte, die sich in einem vorangegangenen Rechtsstreit zu einer Zahlung der Vergütung für die Monate April bis Juli 2004 in Raten verpflichtet hatte, hat sich vorliegend auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist berufen.
In § 12 des Arbeitsvertrages vom 01.04.2004 heißt es:
„Verfallfristen
Aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb eines Monaten nach Fälligkeit beim Vertragspartner schriftlich geltend gemacht worden sind.
Zu einer solchen Forderung ist von der anderen Partei spätestens innerhalb von 14 Tagen Stellung zu nehmen. Lehnt eine Partei die Ansprüche der anderen Partei ab, oder äußert er sich binnen dieser Frist nicht, so muss innerhalb einer weiteren Frist von 14 Tagen (nach Ablehnung bzw. Verstreichen) Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden.
Dies gilt nicht, wenn die Einhaltung der Frist wegen unabwendbaren Zufalls nachweislich noch durch einen Beauftragten möglich war (z.B. schwerer Krankheit, zwingender Ortsabwesenheit). Die Ablehnung der Ansprüche hat ebenfalls schriftlich zu erfolgen.
Bei Nichtbeachtung dieser Bestimmungen verfallen die Ansprüche.”
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch das am 11.01.2005 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 37 bis 39 d.A.), stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die arbeitsvertragliche Klausel zur Ausschlussfrist sei gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Gegen dieses ihr am 09.02.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit dem am 22.02.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der – erstinstanzlich anwaltlich nicht vertretene – Kläger hat mit Datum vom 29.03.2005, eingegangen am 01.04.2005, ein Schreiben an das Landesarbeitsgericht gerichtet, in dem es heißt: „laut o.g. Vorgang möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich von einer Klage für den Monat August absehe. Auf Grund meiner jetzigen Situation sehe ich mich außerstande die Angelegenheit mittels Anwalt zu erledigen. Hiermit bitte ich Sie die Klage als gegenstandslos zu betrachten und den Termin am 27. Mai aufzuheben.” Auf gerichtlichen Hinweis hat der Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwaltes beantragt, die bewilligt worden ist.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klage sei durch die Erklärung des Klägers wirksam zurückgenommen. Im Übrigen ist sie weiterhin der Meinung, die vertragliche Klausel sei wirksam, da es sich bei der Vereinbarung von Ausschlussfristen um eine arbeitsrechtliche Besonderheit handele, die einer Inhaltskontrolle entgegenstehe. Der Kläger habe außerdem bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages Gelegenheit gehabt, Änderungswünsche vorzubringen.
Nach Abschluss eines Teilvergleichs in Bezug auf die Aushändigung von Arbeitspapieren beantragt die Beklagte,
zu entscheiden, dass das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.01.2005 – 6 Ca 3144/04 – wirkungslos ist und die Klage zurückgenommen wurde,
hilfsweise,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.01.2005 – 6 Ca 3144/04 – teilweise abzuändern und die Klage mit den Anträgen zu 1) und 3) abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß ...