rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung. Widerspruchsgründe des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Verstoß gegen das Equal-pay-Gebot nach § 9 Nr. 2 AÜG zieht nicht ausdrücklich ein Beschäftigungsverbot nach sich.
2. Ein Verstoß gegen das Equal-pay-Gebot nach § 9 Nr. 2 AÜG begründet keinen Zustimmungsverweigerungsgrund i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
3. Der Betriebsrat kann nicht wirksam einen Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG darauf stützen, dass ein einzustellender Leiharbeitnehmer möglicherweise ein geringeres Entgelt als vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb erhält.
4. Der in § 93 BetrVG niedergelegte Schutzzweck, innerbetriebliche Beschäftigungsmöglichkeiten für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bekannt zu machen, kann nur dadurch verwirklicht werden, dass auch eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die für Leiharbeitnehmer vorgesehen sind, erfolgt.
Normenkette
BetrVG §§ 99-100
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 10.06.2008; Aktenzeichen 3 BV 304/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin (Arbeitgeberin) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 10.06.2008 – 3 BV 304/08 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird gegen diesen Beschluss zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten stritten über die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zu befristeten Einstellungen von fünf Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen und teilweise auch über die sachliche Notwendigkeit entsprechender vorläufiger Maßnahmen – jetzt ist noch die Zustimmung zu einer befristeten Einstellung streitig.
Die Antragstellerin betreibt ein Krankenhaus. Sie beabsichtigte, mehrere Mitarbeiter im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen einzustellen. Dazu beantragte sie gegenüber dem Antragsgegner jeweils die Erteilung der Zustimmung. Diese wurde verweigert. Bezogen auf die noch streitige Einstellung von Frau M. E. ergibt sich folgender Sachverhalt:
Für Frau M. E. beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 04.02.2008 (Bl. 48 d. A.), das am 05.02.2008 bei dem Antragsgegner einging, die Zustimmung zur befristeten Einstellung ab dem 18.02.2008 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung. Mit Schreiben vom 12.02.2008 (Bl. 124 d. A.) verweigerte der Antragsgegner die Zustimmung.
Die befristete Einstellung von Frau E. ist als vorläufige personelle Maßnahme durchgeführt worden. Mit Schreiben vom 18.02.2008 widersprach der Antragsteller dieser vorläufigen Maßnahme (Bl. 50 d. A.).
Mit ihrer am 18.02.2008 beim Gericht eingereichten Antragsschrift begehrte die Antragstellerin die gerichtliche Zustimmungsersetzung und Feststellung der Dringlichkeit der streitigen vorläufigen Maßnahmen.
Die Antragstellerin hat vorgetragen:
Bzgl. der Einstellung von Frau E. liege keine gültige Zustimmungsverweigerung vor. Eine formelhafte, nicht dem Einzelfall angepasste Begründung, insbesondere die bloße Wiederholung des Wortlauts einer der Ziffern des § 99 Absatz 2 BetrVG reiche nicht aus. Die Lohngestaltung der Leiharbeitsfirma entspreche dem AÜG. Sie wende einen Tarifvertrag der Zeitarbeitsbranche an. Dementsprechend werde kein „Mindestlohn” unterschritten. Welche gesetzliche Regelung verletzt sein solle, sei nicht ersichtlich. Eine interne bzw. konzernweite Stellenausschreibung beim Einsatz von Leiharbeitnehmern könne nicht verlangt werden. Der Betriebsrat sei auch ausreichend informiert worden. Hilfsweise sei die Zustimmung zu ersetzen.
Die Frist sei für den Antragsgegner durch die Information der Antragstellerin wirksam in Gang gesetzt worden. Er könne sich nicht darauf berufen, Informationen über Tarifverträge bzw. Tarifbindung des Verleihers erhalten zu müssen. Aus der Frage, ob eine Tarifbindung gegeben sei bzw. welcher Tarifvertrag Anwendung finde bzw. ob hier irgendwelche „Mindestlöhne” gezahlt würden, könne der Betriebsrat kein Zustimmungsverweigerungsrecht herleiten. Auch ein möglicher Verstoß gegen das AÜG gebe keinen Zustimmungsverweigerungsgrund her, da die Einstellung selbst nicht gegen das Gesetz, den Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstoße. Die denkbare Vertragswidrigkeit einzelner Vertragsbedingungen sei in diesem Punkt unerheblich. Dem Betriebsrat stehe keine Inhaltskontrolle der Arbeitsverträge zu. § 14 Abs. 3 AÜG erweitere die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 BetrVG nicht.
Der Antragsgegner würde zusätzlich seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung mit der Begründung verweigern, dass eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben sei. Diese könne aber beim Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht verlangt werden.
Der Antragsgegner habe keine substantiierten Gründe vorgetragen, die gegen die Durchführung der vorläufigen Maßnahmen sprechen würden. Für die Frage der Dringlichkeit sei allein entscheidend, ob es mit dem ordnungsgemäßen betrieblichen Ablauf zu vereinbaren sei, dass der Arbeitsplatz für längere Zeit unbesetzt bleibe. Unerheblich sei, ob beispielsweise ein anderer Arbeitn...