Leitsatz (amtlich)
Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist bei Fälschung von abgegebenen Briefwahlunterlagen anzunehmen, weil ein massiverer Eingriff in das Wahlverfahrens kaum denkbar ist und eine Anfechtung oft wegen der Unmöglichkeit des Nachweises, daß eine Auswirkung auf das Wahlergebnis gegeben ist, scheitern wird.
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 17.06.1998; Aktenzeichen 7 BV 8-10/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 17.06.1998 – Az.: 7 BV 8-10/98 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird gegen diesen Beschluß zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit der am 23.01.1998 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen Antragsschrift begehren die Beteiligten zu 1) bis 3) die Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl bei der Beteiligten zu 5).
Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind Arbeitnehmerinnen der Beteiligten zu 5) in der Region Nord II. Bei der Beteiligten zu 5) handelt es sich um ein Einzelhandelsunternehmen, das seine Geschäfte über eine Vielzahl von Verbrauchermärkten im Bundesgebiet betreibt. Der Beteiligte zu 4) ist der für die Region Nord II gewählte Betriebsrat bei der Beteiligten zu 5).
Mit Datum vom 05.02.1997 wurde gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG für die Beteiligte zu 5) ein Zuordnungstarifvertrag (Bl. 6–8 d.A.) geschlossen. Gemäß § 2 Ziffer 2 dieses Tarifvertrages wurde unter anderem die Region Nord in drei Regionsbezirke (I bis III) aufgeteilt und die innerhalb eines jeweiligen Regionsbezirkes gelegenen Betriebsstätten in Abweichung zu § 4 BetrVG zu einem Betrieb zusammengefaßt.
Für die Region Nord II wurde in der Zeit vom 02.12. bis 12.12.1997 eine Betriebsratswahl durchgeführt. Die Region Nord II der Beteiligten zu 5) umfaßt sämtliche Verbrauchermärkte in Bremen, Hamburg, Bremerhaven, Stade, Cuxhaven und Quakenbrück. Sitz des Beteiligten zu 4) ist Bremen. Die Beteiligte zu 2) war Wahlvorstandsmitglied und im Rahmen der Betriebsratswahl für Quakenbrück zuständig.
Es wurde eine gemeinsame Wahl für Angestellte und Arbeiter durchgeführt. Es war ein 19-köpfiger Betriebsrat zu wählen, und zwar für die Gruppe der Angestellten 16 Betriebsratsmitglieder, für die Arbeiter 3 Betriebsratsmitglieder Zwei Listen standen als Wahlvorschläge zur Wahl.
Von den 2.888 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Region Nord II haben 1.953 gewählt. Davon waren 1.835 der abgegebenen Stimmen gültig. Von den 1.953 Wählern haben 386 per Briefwahl gewählt. Sie setzten sich zusammen aus 41 Arbeitnehmern des Marktes Quakenbrück, aus 78 von insgesamt 226 Langzeiturlaubern sowie 267 weiteren Briefwählern und -wählerinnen. Die 41 Briefwahlunterlagen für Quakenbrück sammelte die Beteiligte zu 2) bei sich zu Hause. Die 267 Briefwähler und – Wählerinnen hatten zwischen dem 02. und dem 12.12.1997 ihre Briefwahl in der Weise vorgenommen, daß sie jeweils die verschlossenen Briefwahlunterlagen dem Marktleiter, der jeweils Wahlhelfer in dem einzelnen Markt war, oder seinem Stellvertreter übergeben hatten, der sie solange aufbewahrte, bis das jeweils zuständige Wahlteam, welches unter Umständen in die einzelnen Märkte zwischen dem 02. und 12.12.1997 auch mehrmals kam, die jeweils dort vorhandenen Briefwahlunterlagen abholte. Die Übergabe erfolgte nach einer festen Verfahrensweise:
Die Briefwahlunterlagen wurden noch im Markt in eine Urne getan, die Urne wurde versiegelt und vom Marktleiter bzw. dessen Stellvertreter wurde die ordnungsgemäße Übergabe der Briefwahlunterlagen und das Verbringen derselben in die Urne schriftlich bestätigt. Die Unterschrift des Marktleiters erfolgte auf dem Siegel auf der Urne. Wenn der Wahl vorstand/ das Wahlteam dann zum nächsten Markt kam oder aber denselben Markt noch einmal aufsuchte, wurde das Siegel auf der Urne in Gegenwart des Marktleiters bzw. des Stellvertreters entfernt. Es wurden dann weitere Briefwahlunterlagen in die Urne gegeben, diese wurde wiederum nach dem oben genannten Verfähren erneut versiegelt.
Die 78 anderen Briefwähler schickten ihre Unterlagen per Post an das Wahlvorstandsmitglied H.-D. E.
Von den 267 Briefwählern waren 33 Stimmen ungültig, von den 78 an das Wahl Vorstandsmitglied H.-D. E. geschickten Stimmen waren 9 ungültig. Bei der Stimmenauszählung wurden – mit Ausnahme von 3 aus anderen Gründen ungültigen Stimmen – sämtliche Stimmen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Marktes Quakenbrück für ungültig erklärt, weil sich die Stimmzettel entgegen den Bestimmungen nicht in den dafür vorgesehenen weißen DIN-A 6-Wahlumschlägen befanden, sondern offen in den braunen DIN-A 5-Briefumschlägen. Wegen der Einzelheiten der Wahlunterlagen wird auf das übergebene Muster (Bl. 91 d.A.) Bezug genommen.
Die Liste 1 (HBV) erhielt im Rahmen der Betriebsratswahl 1.025 Stimmen, die Liste 2 (DAG) 810 Stimmen.
Einige Wochen vor der Betriebsratswahl hatte die Wahl zur Feststellung, ob gemäß § 14 Abs. 2 BetrVG eine g...