Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei einem Verfahren nach § 23 III BetrVG kann das Ordnungsgeld bereits im Beschluß des „Hauptsacheverfahrens” angedroht werden.

2. Unterbleibt die Androhung oder endet das Hauptsacheverfahren mit einem Vergleich, so kann der Gläubiger – hier der Betriebsrat – jederzeit beantragen, daß durch Beschluß des Arbeitsgerichts ein Zwangsgeld angedroht wird. Voraussetzung für eine entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts ist nicht, daß ein erneuter Verstoß des Arbeitgebers gegen die auferlegte Verpflichtung erfolgt ist.

3. Der Beschwerdewert für einen Androhungsbeschluß ist mit 50 % des im Falle der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes anzunehmen.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Aktenzeichen 5 BV 91/87)

 

Tenor

unbegründet zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf DM 10.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Antrag vom 22.7.1987 begehrte der Antragsteller, daß der Antragsgegnerin durch das Arbeitsgericht aufgegeben werde, es zu unterlassen, Überstunden ohne Beteiligung des Antragstellers anzuordnen.

In der Verhandlung vom 25. November 1987 haben die Parteien insoweit unter Ziffer 1 den folgenden Vergleich geschlossen:

Die Beteiligte zu 2) unterläßt es, Überstunden anzuordnen bzw. durchzuführen, soweit nicht zuvor die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gewahrt sind.

Mit Antrag vom 26. Oktober 1988 beantragt der Antragsteller,

der Antragsgegnerin im Falle der Nichtbeachtung des in dem Punkt 1 des Vergleichs vom 20.11.1987 (Az.: 5 BV 91/87) niedergelegten Unterlassungsversprechens die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von DM 20.000,– anzudrohen.

Der Antragsteller trägt zur Begründung vor, die Antragsgegnerin habe in einer ganzen Reihe von Fällen gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 des genannten Vergleiches verstoßen. Insoweit bezieht der Antragsteller sich auf den Schriftsatz vom 7. Oktober 1988 zum Verfahren 8 BV 48/88, in dem die Verstöße im einzelnen aufgeführt worden sind. Der Schriftsatz ist auch zum Gegenstand dieses Zwangsvollstreckungsverfahrens gemacht worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den mit Schriftsatz vom 26.10.1988 gestellten Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes zurückzuweisen.

Sie bestreitet die behaupteten Verstöße und vertritt die Rechtsauffassung, daß das Vollstreckungsverfahren erst eingeleitet werden könne, wenn zeitlich nach dem Vergleichsabschluß liegende, zusätzliche grobe Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht, für die der Antragsteller beweispflichtig sei, vorlägen.

Das Arbeitsgericht hat am 23.2.1989 folgenden Beschluß gefaßt:

Auf Antrag des Beteiligten zu 1. vom 26.10.1988 wird für jeden Fall der Nichtbeachtung des in dem Punkt 1. des Vergleichs vom 20.11.1987 – AZ 5 BV 91/87 – niedergelegten Unterlassungsversprechens der Beteiligten zu 2. die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von DM 20.000,– angedroht.

Dieser Beschluß wurde der Antragsgegnerin am 28.2.1989 zugestellt. Mit der am 14. März 1989 eingegangenen sofortigen Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bremen vom 23.2.1989 – 5 BV 91/87 – den mit Schriftsatz vom 26.10.1988 gestellten Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, zur Androhung eines Ordnungsgeldes bedürfe es des Nachweises von konkreten Verstößen gegen die Verpflichtung aus dem Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, daß in einer Vielzahl von Fällen nach der eigenen Darstellung der Antragsgegnerin gegen das Mitbestimmungsrecht verstoßen worden sei, und zwar auch nach Abschluß des Vergleichs.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft.

Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig.

Die Beschwerde hatte in der Sache jedoch keinen Erfolg:

1. a) Für die Zwangsvollstreckung der im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren ergangenen Entscheidungen gelten grundsätzlich nach § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG die Vorschriften des 8. Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend. Diese werden jedoch durch die Sonderregelungen des § 23 Abs. 3 Satz 2–5 BetrVG in deren Anwendungsbereich verdrängt (vgl. Dietz-Richardi, 6. Aufl., § 23 BetrVG Anm. 64 und 80). Da § 23 Abs. 3 BetrVG im Interesse unnötiger Rechtszersplitterung, jedoch terminologisch an die Zwangsvollstreckungsregeln der Zivilprozeßordnung angelehnt wurde (vgl. GK-Wiese, 4. Aufl., § 23 BetrVG Rdz. 152 mit Hinweisen auf die Ausschußberatungen im Bundestag), können zu ungeregelten Einzelfragen die §§ 888, 890 ZPO und die zu ihnen entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden.

aa) Die ganz herrschende Meinung in der Literatur vertritt zu Recht die Auffassung, daß mit dem Antrag nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bereits der weitere Antrag verbunden werden kann, dem Arbeitgeber anzudrohen, ihn wegen einer jeden Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich auferlegte Verpflichtung zu einem Ordnungs- b-zw. Zwangsgeld zu verurteilen (vgl. LAG Bremen, LAGE § 23 Bet...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?