Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme eines Auszubildendenvertreters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wenn die Voraussetzungen nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG vorliegen, wandelt sich das Ausbildungsverhältnis im Anschluss in ein Arbeitsverhältnis um.

2. Die Übernahme eines Jugend- und Auszubildendenvertreters nach § 78a BetrVG in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis setzt voraus, dass mit dem ausbildenden Unternehmen ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinn des Berufsbildungsgesetzes oder ein Vertragsverhältnis besteht, das aufgrund Tarifvertrags oder arbeitsvertraglicher Vereinbarung eine geordnete Ausbildung von mindestens zwei Jahren vorsieht.

3. Das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses ist letztlich eine Vorfrage für den Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Deshalb muss ein derartiger Antrag im Beschlussverfahren über die Auflösung wie eine Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO möglich sein. Würde der Arbeitgeber darauf verwiesen, einen Feststellungsantrag dahingehend, dass kein Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen sei, im Urteilsverfahren zu verfolgen, würde die Gefahr divergierender Entscheidungen bestehen. Deshalb ist ein einheitliches Beschlussverfahren zulässig.

 

Normenkette

BetrVG § 78a; ZPO § 256 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 30.11.2005; Aktenzeichen 7 BV 60/05)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 05.12.2007; Aktenzeichen 7 ABR 80/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin – Beteiligte zu 1 – gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.11.2005 – 7 BV 60/05 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 2), einem ehemaligen Mitglied der Auszubildendenvertretung, mit der Beteiligten zu 1) – Arbeitgeberin – gemäß § 78 a BetrVG zu Stande gekommen ist und ob dieses gegebenenfalls aufzulösen ist.

Die Beteiligte zu 1) (Betrieb T. T. früher T. T. C. (TTC)) ist ein Betrieb der D. T. AG, der die Ausbildung der Nachwuchskräfte für den T. konzern durchführt.

Die betrieblichen Interessenvertretung der Auszubildenden richtet sich nach dem Tarifvertrag Mitbestimmung TTC (vgl. Bl. 59 ff. d. A.).

Außerdem haben die Beteiligte zu 1) und die Dienstleitungsgewerkschaft ver.di einen Zuordnungstarifvertrag für die D. T. AG abgeschlossen, wegen dessen Inhalt auf Bl. 65-66 d. A. verwiesen wird.

Die Interessenvertretung der Auszubildenden richtet sich nach dem TV Mitbestimmung TTC vom 26.11.2001, der u. a. folgenden Inhalt hat:

„Präambel

Die Qualität der Ausbildung im Konzern D. T. AG muss auch unter den sich ständig ändernden organisatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dauerhaft gesichert werden, um jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu eröffnen und allen Konzerngesellschaften der D. T. langfristig und nachhaltig einen kompetenten Nachwuchs zur Verfügung stellen zu können. Diese Vereinbarung hat das Ziel, die Mitbestimmung in einer geänderten Ausbildungsorganisation auszugestalten und zu sichern, bei der die Einstellungen der Auszubildenden in einer Qualifizierungsorganisationseinheit erfolgen. Dabei sollen auch die Möglichkeiten genutzt werden, die das neue Betriebsverfassungsgesetz bietet.

§ 1 Mitbestimmungsstruktur

(1)

Das T. T. C. (im Nachfolgenden TTC genannt) stellt einen Betrieb mit einem Betriebsrat, Auszubildendenvertretungen bei den Berufsbildungsstellen und einer Konzern-Auszubildendenvertretung dar. Die Zuordnung und die Anzahl der Freistellungen werden in besonderen Tarifverträgen geregelt.

(2)

Darüber hinaus werden bei den Berufsbildungsstellen Betreuungsgremien gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG eingerichtet, in die Mitglieder der Betriebsräte aus den Konzernunternehmen, in deren Betrieben Ausbildung stattfindet, sowie Vertreter der Auszubildendenvertretung entsandt werden.

§ 2 Betriebsrat

(1)

Die Wahl, Aufgaben, Stellung und die Rechte des Betriebsrats bestimmen sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich geregelt, nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes. Auszubildende haben weder das aktive noch das passive Wahlrecht für diesen Betriebsrat. Der Betriebsrat des TTC vertritt die Arbeiter, Angestellten und Beamten; er arbeitet mit den Auszubildendenvertretungen zusammen.

(2)

Der Betriebsrat des TTC nimmt für die Auszubildenden und Auszubildendenvertretungen die Rechte nach § 103 BetrVG wahr.

§ 3 Auszubildendenvertretung

(1)

Die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte der Auszubildendenvertretung richten sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, nach den für Jugend- und Auszubildendenvertretungen geltenden Bestimmungen des BetrVG. Auszubildendenvertreter haben in ihrem Beschäftigungsbetrieb darüber hinaus die Aufgabe, Auszubildende während der Ausbildung in diesem Betrieb zu betreuen.

(2)

Die Auszubildendenvertretungen erhalten die Rechte eines Betriebsrats nach § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 BetrVG. Die Führung von Rechtsstreitung und Einigungsstellenverfahren steht nur der Konzernauszubilden...

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