Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 08.11.1994; Aktenzeichen 2 BV 70/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Bet. zu 2. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 8. November 1994 – 2 BV 70/94 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines durch Einigungsstellenspruch aufgestellten Sozialplans anläßlich der Entlassung aller Mitarbeiter.
Die antragstellende Beteiligte zu 1., der Arbeitgeber, betreibt eine Stauerei im Hafen von Bremen. Der Antragsgegner ist der bei ihm gebildete Betriebsrat.
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Betrieb bei der „Stillegung des operativen Bereichs” in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigte oder nicht.
Ende Februar 1993 beschloß der Arbeitgeber anläßlich des angekündigten Wegfalls der Reederei Finnterminals, eines seiner Hauptkunden den „operativen Bereich” zum 30.04.1993 stillzulegen.
Mit rechtskräftigem Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 29.03.1993 (4 a BV Ga 16/93) wurde dem Arbeitgeber im Rahmen einer einstweiligen Verfügung untersagt, betriebsbedingte Kündigungen bis zum Abschluß der Verhandlungen über einen Interessenausgleich auszusprechen. Daraufhin wurde eine Einigungsstelle einberufen, in der der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht Bremen … den Vorsitz übernahm. In der zweiten Sitzung der Einigungsstelle am 26.04.1993 wurde Einigkeit darüber erzielt, daß die Interessenausgleichsverhandlungen endgültig gescheitert seien. Am 03.05.1994 beschloß die Einigungsstelle den angefochtenen Sozialplan.
Im Betrieb des Arbeitgebers waren langjährig über 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Im Januar 1991 betrug die Anzahl der Arbeitnehmer 26, sie sank zum 31.12.1992 auf 22 Am 01.01.1993 waren 19 Arbeitnehmer, am 21.01.1993 18 Arbeitnehmer und am 28.02.1993 17 Arbeitnehmer beschäftigt.
In den Jahren vor der Entscheidung des Arbeitgebers sank der Umsatz stetig ab. Er betrug im Jahre 1991 ca. 5,73 Millionen, im Jahre 1992 4 Millionen. Innerhalb des Jahres 1992 ist der Umsatz weiter zurückgegangen. Deshalb wurde von der Geschäftsleitung für 1993 entsprechend ein weiterer Rückgang des Umsatzes auf 3–3,5 Millionen erwartet.
Im Zusammenhang mit dieser Umsatzentwicklung schloß der Arbeitgeber mit mehreren Mitarbeitern Aufhebungsverträge. Zunächst schieden im Jahre 1991 drei Mitarbeiter aus. Im ersten Quartal 1992 wurden weitere drei Aufhebungsverträge abgeschlossen. Im Januar 1993 schied ein weiterer Mitarbeiter altersbedingt aus. Ein weiterer Mitarbeiter verließ den Betrieb zum 28.02.1993.
Mit Schreiben vom 28.01.1993 teilte die Reederei … dem Arbeitgeber mit, daß sie ab Mai 1993 nicht mehr Bremen, sondern Emden anlaufen wolle. Der Arbeitgeber bemühte sich darum, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Nachdem dies erfolglos blieb, beschloß er Ende Februar 1993, den operativen Bereich einzustellen und sämtliche verbliebenen Arbeitnehmer zu entlassen.
Die Arbeiter des Arbeitgebers haben in der Zeit vom September 1992 bis November 1992 zwischen 225 und 326 Schichten gearbeitet. Ab Januar 1993 bis Mai 1993 schwankte die Anzahl dieser Schichten zwischen 128 und 228. Im zuerst genannten Zeitraum wurden zwischen 9 und 68 eigene Arbeitnehmer im Rahmen der im Hafen üblichen Praxis an andere Stauereibetriebe verliehen. Im selben Zeitraum wurden zwischen 29 und 157 Schichten mit geliehenen Arbeitern gefahren. Die Zahl der unbezahlten Freistellungen schwankte zwischen 16 und 33 Schichten. Im genannten Zeitraum 1993 schwankte die Anzahl der verliehen Schichten zwischen 3 und 53, die Anzahl der geliehenen Schichten zwischen 61 und 118, die Zahl der unbezahlten Freistellungen zwischen 5 und 18. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage „Gesamtübersicht” zum Schriftsatz des Arbeitgebers vom 23. Januar 1996 verwiesen (Bl 196).
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei nicht zuständig. Zum Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung Ende Februar 1993 habe die maßgebliche Mitarbeiterzahl unter 21 gelegen. Die zwischen Januar 1991 und Dezember 1992 vorgenommenen Entlassungen seien in Erwartung eingetretener Umsatzrückgänge erfolgt, nicht aber im Hinblick auf eine eventuelle Betriebsstillegung.
Der Arbeitgeber hat weiterhin gerügt, daß die Einigungsstelle im Beschluß vom 03.05.1995 ihre wirtschaftlichen Interessen am Fortbestand nicht hinreichend beachtet habe. Der Betrieb werde durch den Geschäftsführer … und den Inspektor … fortgeführt, um die verbleibenden Kunden zu betreuen, indem Werkverträge für die Entladung der einzelnen ankommenden Schiffe vergeben werden. Er sei nicht in der Lage, Sozialplanbeträge von DM 650.000,– aufzubringen.
Der Arbeitgeber hat den Antrag gestellt,
festzustellen, daß der auf dem Beschluß der Einigungsstelle vom 03.05.1994 beruhende Sozialplan vom 03.05.1994 unwirksam ist.
Der Betriebsrat hat den Antrag gestellt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ...