Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 28.04.1998; Aktenzeichen 3 Ca 3242/97) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 28.04.1998 – Az.: 3 Ca 3242/97 – aufgehoben.
2. Die in einen erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung umzudeutende sofortige Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Das Arbeitsgericht Bremen hat am 03.02.1998 das folgende Urteil verkündet:
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Übersendung der Arbeitspapiere, zugehend am 26.04.1997, weder fristlos noch fristgemäß endete und über den 26.04.1997 und 16.04.1997 hinaus fortbesteht.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 4.992,00 brutto zu zahlen zzgl. 4 % Zinsen auf den Nettobetrag von DM 1.560,00 brutto ab dem 01.05.1997 und 4 % Zinsen auf den Nettobetrag von DM 3.432,20 brutto seit dem 01.06.1997 zu zahlen.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 2 % und die Beklagte zu 98 % zu tragen.
- Der Streitwert wird auf DM 10.140,00 festgesetzt.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 21.02.1998 zugestellt.
Die Beklagte legte mit einem am 17.03.1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung ein, die sie sogleich begründete.
Am 14.04.1998 stellte die Beklagte beim Arbeitsgericht Bremen einen
Vollstreckungsschutzantrag,
den sie mit Schriftsatz vom 27.04.1998 begründete. Die Beklagte gab an, sie müsse ihre Aufträge vorfinanzieren. Dies gelte auch für alle Löhne. Dazu brauche sie Bankkredit. Ein solcher stehe ihr nicht zur Verfügung, da die Bremer Bank wegen Kontenpfändung keine Kredite mehr gebe.
Der Kläger beantragte,
den Vollstreckungsschutzantrag zurückzuweisen.
Er vertrat die Auffassung, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung lägen nicht vor.
Das Arbeitsgericht Bremen hat am 28.04.1998 folgenden Beschluß gefaßt:
Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung vom 11.04.1998 wird zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es fehle an Darlegungen, ob und ggf. in welchen Umfang die Beklagte sich zum jetzigen Zeitpunkt in einer wirtschaftlichen Notlage befinde bzw. konkret durch Vollstreckungsmaßnahmen im Hinblick auf den ausgeurteilten Betrag von DM 4.992,00 brutto in eine solche gerate. Außerdem habe die Beklagte dargelegt, daß nunmehr Aufträge vorhanden seien. Die wirtschaftliche Situation habe sich also verbessert.
Das Arbeitsgericht hat dem Beschluß eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach die sofortige Beschwerde zulässig ist.
Das Empfangsbekenntnis über die Zustellung dieses Beschlusses befindet sich nicht in der Gerichtsakte, jedoch ist dieser zu entnehmen, daß der Beschluß am 29.04.1998 an die Beklagten abgesandt wurde. Er ging deshalb frühestens am 30.04.1998 der Beklagten zu.
Mit der am 12.05.1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet die Beklagte sich gegen den erstinstanzlichen Beschluß und trägt vor, Vollstreckungsmaßnahmen würden massive Nachteile für den Schuldner bedeuten. Das übliche Verfahren bei der Zwangsvollstreckung sei die Kontenpfändung, da der Schuldner über pfändbares sonstiges Vermögen nicht verfüge. Durch die Kontenpfändung verliere der Schuldner jeglichen Kredit, d.h. er könne seine Aufträge nicht zwischenfinanzieren. Der Schuldner sei darauf angewiesen, daß die Banken ihm seine Aufträge regelmäßig auf die Dauer von drei Monaten zwischenfinanzierten. Dies habe in der Vergangenheit auch funktioniert. Eine Kontenpfändung würde ihm diesen Kredit entziehen mit der Folge, daß er seinen Betrieb schließen und Konkurs anmelden müsse.
Die Kläger hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II
A Der erstinstanzliche Beschluß war aufzuheben. Er entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage.
1. Bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben.
Der Begriff der „greifbaren” Gesetzeswidrigkeit erfordert, daß die Entscheidung jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist. Die Möglichkeit, eine nach geltendem Recht unanfechtbare Entscheidung gleichwohl mit einem Rechtsmittel anzugreifen, soll auf wirkliche Ausnahmefälle beschränkt bleiben (vgl. Gift/Baur „Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen” E Rdz. 1705).
Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn der angefochtene Beschluß auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (vgl. BGH NJW 93 S. 136; Gift/Baur a.a.O.).
2. a) Ausschließlich zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ist dasjenige Gericht, das über den Rechtsbehelf selbst zu entscheiden hat. Lediglich bei einem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil ...