rechtskrätig
Leitsatz (amtlich)
Das Landesarbeitsgericht schliesst sich der Kritik von Literatur und Rechtsprechung an dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 30.11.1984 – EzA Nr. 38 zu § 12 ArbGG 1979 „Streitwert” – in vollem Umfange an.
Es verbleibt dabei, dass grundsätzlich für Kündigungsschutzklagen der Streitwert auf drei Monatsgehälter festzusetzen ist.
Lediglich wenn sich aus dem Antrag bzw. seiner Begründung ein geringeres wirtschaftliches Interesse des Klägers ergibt, oder wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis findet, kann dieser Wert unterschritten werden.
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 25.07.1985; Aktenzeichen 8 Ca 8126/85) |
Tenor
Die Beschwerde des Vertreters der Landeskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 25.07.1985 – 8 Ca 8126/85 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die seit dem 10.12.1984 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigte Klägerin war Mitte März von den Beklagten zum 30. April 1985 gekündigt worden. Sie erhob daraufhin am 21.03.1985 Klage mit dem Antrag
festzustellen, dass die mündlich am 12.3.85 ausgesprochene Kündigung zum 30.4.1985 rechtsunwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis dadurch nicht zur Auflösung gelangt.
In der Begründung der Klage wird darauf hingewiesen, dass keine verkürzte Kündigungsfrist vereinbart worden sei und dass die Klägerin deshalb auf Einhaltung der Sechs-Wochen-Frist zum Quartalsende bestehe.
Die Beklagten meinen, sie hätten eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsschluss mit der Klägerin vereinbart, so überhaupt ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 25.07.1985 den Wert des Streitgegenstandes auf zwei Monatsgehälter – DM 2.357,84 festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass das wirtschaftliche Interesse der Klägerin die Beschäftigung und die Gehaltszahlung für weitere zwei Monate, nämlich bis zum Quartalsschluss am 30.06.1985, beinhalte.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors, der unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Wert des Streitgegenstandes auf ein Monatsgehalt = DM 1.178,67 festgesetzt wissen möchte.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In dem Nichtabhilfebeschluss weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht in dem Beschluss EzA Nr. 38 zu § 12 ArbGG 79 „Streitwert” unter Ziffer B II 3 b) vom wirtschaftlichen Interesse der klagenden Partei ausgehe, das sich „in erster Linie” dadurch bestimme, wie stark sich das Arbeitsverhältnis verfestigt habe. Andererseits – so das Arbeitsgericht – werde später vom Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass „wohl in zweiter Linie” zu berücksichtigen sei, dass der aus der Bestandsdauer abgeleitete Wert durch vertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche längere Kündigungsfristen erhöht bzw. gemindert sein könne. Daraus ergebe sich im vorliegenden Fall ein Wert von zwei Monatsgehältern.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Es kann dahinstehen, ob das Arbeitsgericht zu Recht aus dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts entnommen hat, dass im vorliegenden Fall auch nach dieser Rechtsprechung von einem Streitwert, der über dem eines Monatsgehalts liegt, ausgegangen werden kann.
Die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen folgt dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts EzA Nr. 38 zu § 12 ArbGG 79 „Streitwert” nicht und kehrt zu ihrer seit 1978 bestehenden Rechtsprechung (vgl. dazu LAG Bremen, BB 1979 S. 683) zurück, wonach ein geringerer Streitwert als der von drei Monatsgehältern gemäss § 12 Abs. 7 ArbGG nur dann in Betracht gezogen werden kann, wenn der Klageantrag oder die Begründung zu diesem auf ein geringeres wirtschaftliches Interesse des Klägers hinweisen.
Das Landesarbeitsgericht hatte in der Entscheidung vom 31. Juli 1985 – 4 Ta 25/85 – zwar beschlossen, der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen, „um in Kostensachen eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland herzustellen”.
Die begründete Kritik an der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat jedoch eine ganze Reihe von Landesarbeitsgerichten dazu bewogen, dem Bundesarbeitsgericht in dieser Frage die Gefolgschaft zu verweigern. Die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen schliesst sich der Kritik der Rechtsprechung (vgl. LAG Hamm, LAGE, § 12 Nr. 38 „Streitwert”, LAG Rheinland/Pfalz, LAGE § 12 Nr. 40 „Streitwert” unter „Hinweis der Schriftleitung”, LAG Düsseldorf, LAGE § 12 Nr. 41 „Streitwert”, LAG München, AnwBl 86 S. 106) sowie der Kritik in der Literatur (vgl. insbesondere Schneider, Anm. zu BAG, EzA § 12 ArbGG 79 Nr. 36 „Streitwert”; Stahlhacke, ArbGG, 2. Aufl. 1986, § 12 Rdz. 16) in vollem Umfange an.
Ergänzend zu dieser Kritik sei nur besonders betont, dass zu Recht darauf hingewiesen worden ist, dass für die Annahme eines selbständig in sich geschlossene...