Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorrang des Gesamthafenbetriebsgesetzes vor dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Kürzung oder Wegfall von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld durch Zukunftssicherungstarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorschriften des Gesamthafenbetriebsgesetzes und die aufgrund dessen erlassenen Vorschriften verdrängen § 8 AÜG. Das Gesamthafenbetriebsgesetz geht dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vor.

2. Die Tarifvertragsparteien sind befugt, in einem Tarifvertrag zur Zukunftssicherung Jahreszuwendung und Urlaubsgeld zu reduzieren oder gänzlich in Wegfall zu bringen.

 

Normenkette

RL 2008/104/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. f); AÜG § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 22.03.2022; Aktenzeichen 11 Ca 11165/21)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 22.03.2022 - 11 Ca 11165/21 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines tarifvertraglichen Urlaubsgelds und einer tarifvertraglichen Jahreszuwendung.

Der Kläger ist seit 2004 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 14.12.2006 heißt es auszugsweise:

[...]

Herr R. wird mit dem 01.01.2007 im Auftrage des Ausschusses für Personal und Arbeit des Gesamthafenbetriebes im Lande Bremen als Gesamthafenarbeiter eingestellt. Er gehört damit der Belegschaft des Gesamthafenbetriebes im Lande Bremen an und erhält die Hafenarbeitskarten Nr. 20871.

[...]

4. Auf das Arbeitsverhältnis finden die jeweiligen zwischen dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V. oder dem Unternehmensverband Bremische Häfen e.V. einerseits und der ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. andererseits, für die Hafenarbeiter abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Insbesondere der jeweilige Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, gültig ab 01.04.1992 in der Fassung vom 13.09.2001, Sonderbestimmungen für die Häfen im Lande Bremen, Tarifvertrag für den Autoumschlag in Bremerhaven, Lohntarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, Lohntarifvertrag für die Häfen im Lande Bremen sowie der Eingruppierungsvertrag vom 26.05.2000 (für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.05.2000 begründet worden ist).

Ferner gelten die Verwaltungsordnung und die Arbeitsordnung für den Gesamthafenbetrieb im Lande Bremen in der jeweils gültigen Fassung.

[...]

Die "Sonderbestimmungen für die Häfen im Lande Bremen unter Berücksichtigung des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe gültig ab 01.04.1992" in der Fassung vom 01.06.2005 (nachfolgend: Sonderbestimmungen) enthalten u.a. folgende Regelungen:

VIII.

Jahreszuwendung

§ 26

13. Monatslohn

1. Zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt erhalten die Hafenarbeiter eine Jahreszuwendung.

2. Diese Jahreszuwendung beträgt:

a) nach mehr als 12-monatigem ununterbrochenen Besitz der Hafenarbeitskarte 40 Grundstundenlöhne,

b) nach mehr als 24-monatigem ununterbrochenen Besitz der Hafenarbeitskarte 80 Grundstundenlöhne,

c) nach mehr als 36-monatigem ununterbrochenen Besitz der Hafenarbeitskarte 120 Grundstundenlöhne,

d) nach mehr als 48-monatigem ununterbrochenen Besitz der Hafenarbeitskarte 173 Grundstundenlöhne (13. Monatslohn).

Für Hafenarbeiter, deren Beschäftigungsverhältnis nach dem 31.12.2000 begründet wird, beträgt die Jahreszuwendung

a) nach mehr als 12-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 20% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

b) nach mehr als 24-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 35% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

c) nach mehr als 36-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 50% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

d) nach mehr als 48-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 60% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

e) nach mehr als 60-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 75% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

f) nach mehr als 72-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses: 100% des Monatsgrundlohns der jeweiligen Lohngruppe

Als Stichtag für die Ermittlung der Beschäftigungszeit bzw. der Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt der 31. Dezember des betreffenden Jahres

3. In Häfen, in denen keine Hafenarbeitskarte oder ein vergleichbarer Nachweis ausgestellt wird, ist für die Staffelung die ununterbrochene Beschäftigung als Hafenarbeiter maßgebend. Ausbildungsjahre gelten als Beschäftigungsjahre.

4. Für die Berechnung der Jahreszuwendung ist die im Monat Oktober des jeweiligen Kalenderjahres maßgebliche Lohngruppe des Mitarbeiters heranzuziehen. Sofern sich der Grundstundenlohn dieser Lohngruppe durch Abschluss eines neuen Lohntarifvertrages während des Kalenderjahres geändert hat, kommt das gewogene Mittel der jeweiligen Grundstundenlöhne für die Berechnung gemäß Ziff. 2 zur Anwendung.

Grundsätzlich ist der Be...

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