Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 02.06.1993; Aktenzeichen 7 Ca 7063/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.01.1996; Aktenzeichen 3 AZR 632/94)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 2.6.1993 – 7 Ca 7063/93 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 12.06.1923 geborene Klägerin war von Juni 1958 bis Juni 1983 bei der Beklagten in Bremerhaven beschäftigt. Für sie gilt kraft Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag für Arbeiter. Die Klägerin war während ihres Beschäftigungsverhältnisses zwischen 16 und 38 Stunden bei der Beklagten in Teilzeitarbeit beschäftigt. Der TV Arb sieht vor, daß der Arbeiter bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrages der DBP in seiner jeweiligen Fassung zu versichern ist. Vor dem 1.4.1991 waren Arbeitnehmer nach dem Versorgungstarifvertrag nur bei der VAP der Deutschen Bundespost zu versichern, wenn sie bis zum 31.12.1987 mit mindestens der Hälfte der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit einer Vollkraft, ab 1.1.1988 mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden beschäftigt waren.

Die nach dem Tarifvertrag erforderlichen Wochenarbeitszeiten erreichte die Klägerin jeweils nur für so kurze Zeit, daß sie nicht bei der VAP versichert worden ist.

Die Versorgungsleistungen der VAP werden durch eine Umlage der Beklagten finanziert, die zur Zeit 7,9% des berücksichtigungsfähigen Einkommens der Arbeiter und Angestellten beträgt. In den zurückliegenden Jahren wurden Umlagen in Höhe von 12, 41, 11, 33 und 9,35% erhoben.

Bei der Beklagten sind über 90% aller Teilzeitbeschäftigten Frauen. Bei den Vollzeitbeschäftigten überwiegt der Anteil der Männer.

Die Klägerin hält ihren Ausschluß von der Altersversicherung der VAP für einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin beginnend ab 01.07.1983, eine monatliche Rente in der Höhe zu zahlen, die zu gewähren wäre, wenn sie in der Zeit vom 02.06.1958 bis zum 30.06.1983 bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) versichert gewesen wäre.

hilfsweise

festzustellen, daß die Beklagte dazu verpflichtet ist, die Klägerin für die Zeit vom 02.06.1958 bis 30.06.1983 auf Kosten der Beklagten in einer der Höhe ihres jeweils bezogenen Gehalts entsprechenden Weise bei der VAP nachzuversichern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sich die Beklagte auf die Ausgestaltung des Tarifvertrages und der Satzung der VAP berufen. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und den Gleichheitssatz des Grundgesetzes hat die Beklagte nicht gesehen. Die jeweiligen Bestimmungen des Versorgungstarifvertrages sowie der VAP – Satzung seien keineswegs einseitig geschlechtsspezifisch, sondern vielmehr geschlechtsneutral abgefaßt.

Die Beklagte beruft sich darauf, daß sie beim Abschluß des Tarifvertrages darauf habe vertrauen dürfen, daß eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten rechtlich zulässig sei. Eine rückwirkende Zubilligung der aus der VAP ausgeschlossenen Arbeitnehmer führte zu einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, da die Beklagte, sollte sie für Versorgungszahlungen unterhälftig beschäftigter Teilzeitkräfte herangezogen werden, einen dreistelligen Millionenbetrag aufbringen müsse. Diesen äußerst gravierenden finanziellen Belastungen in jährlich dreistelliger Millionenhöhe stünde bei der Beklagten im Jahre 1991 ein Verlust in Höhe von 177,614 Millionen gegenüber.

Die Beklagte hat sich weiterhin auf den EuGH berufen, der aus Gründen der Rechtssicherheit davon ausginge, daß in der Vergangenheit abgeschlossene Rechtsverhältnisse aufgrund der neuen Rechtsprechung nicht infragegestellt werden dürften, wenn sie rückwirkend das finanzielle Gleichgewicht zahlreicher privater Betriebsrentensysteme stören könnte. Des weiteren hat sich die Beklagte auf das Zusatzprotokoll des Maastrichter Vertrages zu Art. 119 EWG-Vertrag berufen.

Des weiteren hält sie die Ansprüche der Klägerin für verwirkt. Im übrigen beruft sie sich auf Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 2. Juni 1993 folgendes Urteil verkündet:

I. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin beginnend mit dem 1.1.1991 eine Rente in der Höhe zu zahlen, als wäre sie in der Zeit vom 8. Februar 1963 bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost versichert gewesen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

III. Der Streitwert wird auf DM 6.000,– festgesetzt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Arbeitsgericht hat sich im wesentlichen zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsg...

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