Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag bei Aufnahme neuer unternehmerischer Aktivitäten eines im Konzernverbund neu gegründeten Unternehmens
Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 14 Abs. 2a Satz 1 TzBfG ist in den ersten vier, Jahren nach der Gründung eines Unternehmens die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Arbeitnehmer bis zur Dauer von vier Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig.
2. Dies gilt gemäß § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Diese Einschränkung bezweckt ausweislich der Gesetzesbegründung, dass die längere Befristungsmöglichkeit nur bei einem unternehmerischen Neuengagement, nicht jedoch für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen gelten soll.
3. Um eine Neugründung im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen handelt es sich, wenn bereits bestehende unternehmerische Aktivitäten von neu gegründeten Unternehmen innerhalb desselben Konzerns weiterbetrieben werden. Denn in diesem Fall kommt es nicht zu einem unternehmerischen Neuengagement.
4. Nicht um Umstrukturierungen in diesem Sinne handelt es sich in Abgrenzung hiervon, wenn ein innerhalb eines Konzernverbundes neu gegründetes Unternehmen neue unternehmerische Aktivitäten aufnimmt und es damit zu dem gesetzgeberisch bezweckten unternehmerischem Neuengagement kommt. In diesem Fall kann das neu gegründete Unternehmen die erweiterte Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2a Satz 1 TzBfG nutzen, auch wenn es sich konzernrechtlich um eine vollständig beherrschte Tochtergesellschaft handelt und die Muttergesellschaft bereits mehr als vier Jahre unternehmerisch tätig ist.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2a; TzBfG § 14 Abs. 2a Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 07.09.2016; Aktenzeichen 7 Ca 7207/15) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven vom 07.09.2016 - 7 Ca 7207/15 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung.
Die am 07.10.1988 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 26.03.2013 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien beruht auf dem Arbeitsvertrag vom 26.03.2013 (Blatt 3-8 d.A.) und war zunächst bis zum 31.03. 2014 befristet. Unter dem 07.03.2014 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung dieser Befristung bis zum 31.03.2015 (Blatt 9 d.A.) und am 19/24.03.2015 bis zum 31.07.2015 (Blatt 10 d.A.). Seit dem 11.05.2015 unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot wegen einer bestehenden Schwangerschaft (Bl. 11 der Akte). Für die Zeit nach der Geburt ihres Kindes hatte die Klägerin für den Zeitraum vom 13.10.2015 bis einschließlich zum 14.10.2016 Elternzeit beantragt, die beklagtenseits bestätigt worden war, wobei nicht vorgetragen wurde, ob die Bestätigung der Elternzeit vor oder nach dem 31.07.2015 erfolgt ist.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der SB M., welches am 24.06.2011 ins Handelsregister eingetragen wurde und ihre Geschäftstätigkeit in Bremen am 01.09.2011 aufgenommen hat, um in Bremen einen neuen zusätzlichen Möbelstandort zu erschließen. Die einzige Niederlassung der Beklagten befindet sich in Bremen. Vor dem Beginn der Geschäftstätigkeit der Beklagten hat kein Unternehmen der SB M. unternehmerische Aktivitäten im Gebiet Bremen ausgeübt. In der Gewerbeanmeldung, welche durch die Komplementärin der Beklagten erfolgt ist, hat diese angegeben, dass die Anmeldung wegen der Neugründung einer unselbstständigen Zweigstelle erstattet werde, sich die Betriebsstätte der Beklagten in Bremen und die Hauptniederlassung in Porta Westfalica befinden werde. Wegen der Einzelheiten der Gewerbeanmeldung wird auf die Blätter 24 bis 25 der Akte verwiesen.
Die unter dem 26.01.2015 veröffentliche Bilanz der P. GmbH & Co KG mit Sitz in Porta Westfalica weist die Beklagte als 100%tiges Tochterunternehmen der P. GmbH & Co KG aus. Die Beklagte legt keine eigene Bilanz oder Gewinn- bzw. Verlustrechnung vor, vielmehr ist gemäß § 264 Abs. 3 HGB von der Möglichkeit einer gemeinsamen Bilanz von Mutter- und Tochtergesellschaft Gebrauch gemacht worden. Der Konzern verfügt über eine Vielzahl von Tochtergesellschaften, die ebenfalls gemeinsam mit der Konzernmutter bilanzieren. Der Konzern hat im Jahr 2013/2014 insgesamt 6.618 Mitarbeiter beschäftigt und war bereits im Jahr 2011 länger als vier Jahre im Bereich des Handels mit Möbeln und ähnlichem tätig. Wegen der Einzelheiten der Bilanz wird auf die Blätter 32 bis 39 der Akte verwiesen.
Mit ihrer Klage vom 21.08.2015, beim Arbeitsgericht Bremen - Bremerhaven eingegangen am selben Tag, hat sich die Klägerin gegen die Befristung des Arbeitsverhältn...