Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf die zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Entgelterhöhungen des TVöD
Leitsatz (redaktionell)
Die aus Anlass der Überleitung des BAT in den TVöD arbeitsvertraglich getroffene Vereinbarung "seit dem 01.10. kommt der TVöD zur Anwendung, da er den BAT ersetzt hat", ist als zeitdynamische Verweisungsklausel auszulegen.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1; TVöD; EGRL Nr. 23/2001
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 02.10.2014; Aktenzeichen 10 Ca 10019/14) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 02.10.2014 - 10 Ca 10019/14 - wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um tarifliche Entgelterhöhungen.
Die Klägerin war seit 1995 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der S. GmbH (S. GmbH) als Altenpflegehelferin beschäftigt. Die S. GmbH war Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Bremen (KAV) der wiederum Mitglied in der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) war. § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 04.08.1995 (Blatt 16 der Akte) lautete ua.:
"Das Arbeitsverhältnis ist privatrechtlich. Zwischen den Vertragsparteien gilt der Bundesangestelltentarifvertrag vom 23.02.1961 und die zur Änderung und Ergänzung abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung."
Im Jahre 2002 erwarb die privatwirtschaftliche H. Gruppe die S. GmbH und führte diese in einem Gemeinschaftsbetrieb mit der B. GmbH (B. ) bis zur Insolvenz im Jahre 2010 fort.
Mit Änderungsvertrag vom 20.09.2007 vereinbarten die Klägerin und ihre damalige Arbeitgeberin neben einer Stundenreduzierung auf eine 30-Stunden-Woche für 1 Jahr ua. Folgendes (Blatt 17 der Akte):
"Seit dem 01.10.2005 kommt der TVöD zur Anwendung, da er den BAT ersetzt hat."
Mit Wirkung zum 31.12.2007 trat die Rechtsvorgängerin der Beklagten aus dem kommunalen Arbeitgeberverband aus. Vergütungserhöhungen des TVöD wurden an die Klägerin nicht mehr weitergegeben. Die Klägerin führte deswegen einen Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen 10 Ca 10017/10, welcher aufgrund der Insolvenz der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß § 240 ZPO ausgesetzt ist. Die Stundenreduzierung der Klägerin wurde jährlich erneut vereinbart, zuletzt mit Änderungsvertrag vom 31.10.2013 (Blatt 70 der Akte). Dabei verwendeten die Parteien einen Verweis auf den TVöD mit identischem Wortlaut wie im Änderungsvertrag vom 20.09.2007.
Zum 01.11.2011 erfolgte ein Betriebsübergang auf die Beklagte, das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte über.
Ihre Ansprüche auf Teilnahme an den tariflichen Vergütungserhöhungen hatte die Klägerin bereits schriftlich im Jahr 2009 sowie mit der Klage im Vorprozess vom 25.01.2010 gegen die damalige Arbeitgeberin geltend gemacht. Gegenüber der Beklagten machte die Klägerin ihre Ansprüche mit Schreiben vom 13.11.2013 geltend (Blatt 19 der Akte).
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin der Höhe nach nicht streitige Ansprüche auf Entgelterhöhungen entsprechend den tariflichen Erhöhungen für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis zum 31.12.2013 geltend. Mit Schreiben vom 09.12.2013 (Blatt 21 der Akte) hatte die Beklagte die Ansprüche zurückgewiesen.
Die Klägerin hat unter Berufung auf eine Entscheidung der 2. Kammer des LAG Bremen vom 06.06.2012 (2 Sa 154/11) vorgetragen, dass aufgrund der Formulierung "Seit dem 01.10.2005 kommt der TVöD zur Anwendung, da er den BAT ersetzt hat" der TVöD nicht nur statisch, sondern dynamisch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sei, so dass ihr die jeweiligen Tariferhöhungen zustünden. Ihre Ansprüche seien nicht verfallen, da die Geltendmachung gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist ausreiche. Ob die Beklagte für Ansprüche hafte, die vor dem Betriebsübergang entstanden seien, sei unerheblich, da mit der vorliegenden Klage nur Ansprüche seit dem Betriebsübergang geltend gemacht werden. Die Entscheidung des EuGH vom 18.07.2013 - C-426/11 - (Alemo-Herron) sei nicht einschlägig.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin € 7.021,51 brutto nebst 5 % Punkte über dem Basiszinssatz auf
€ 192,75 ab 01.12.2011
€ 192,75 ab 01.01.2012
€ 192,75 ab 01.02.2012
€ 192,75 ab 01.03.2012
€ 261,09 ab 01.04.2012
€ 261,09 ab 01.05.2012
€ 261,09 ab 01.06.2012
€ 261,09 ab 01.07.2012
€ 261,09 ab 01.08.2012
€ 261,09 ab 01.09.2012
€ 261,09 ab 01.10.2012
€ 261,09 ab 01.11.2012
€ 261,09 ab 01.12.2012
€ 261,09 ab 01.01.2013
€ 290,53 ab 01.02.2013
€ 290,53 ab 01.03.2013
€ 290,53 ab 01.04.2013
€ 290,53 ab 01.05.2013
€ 290,53 ab 01.06.2013
€ 290,53 ab 01.07.2013
€ 290,53 ab 01.08.2013
€ 319,56 ab 01.09.2013
€ 319,56 ab 01.10.2013
€ 319,56 ab 01.11.2013
€ 319,56 ab 01.12.2013
€ 319,56 ab 01.01.2014
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine andere Entscheidung der 2. Kammer des LAG Bremen vom 06.06.2012 (...