Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit. Billiges Ermessen. Überschreiten der Abschlussquote
Leitsatz (redaktionell)
Die Überschreitung der Quote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATZG kann vom Arbeitgeber berücksichtigt werden, wenn tarifvertragliche Ansprüche auf Abschluss von Altersteilzeitverträgen nach billigem Ermessen zu bescheiden sind.
Normenkette
ATZG 1996 § 3 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Urteil vom 13.08.2009; Aktenzeichen 11 Ca 11032/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 13.08.2009 – 11 Ca 11031/09 – und des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 13.08.2009 – 11 Ca 11032/09 werden zurückgewiesen.
2. Bis zur Verbindung der Rechtsstreitigkeiten tragen die Kläger jeweils die Kosten des Berufungsverfahrens. Nach der Verbindung trägt die Klägerin zu 1) 40 % und der Kläger zu 2) 60 % der Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision gegen das Urteil wird für die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch der Kläger auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.
Die am …1953 geborene Klägerin zu 1) ist seit dem 10.06.1981 bei der Beklagten als Reinigungskraft mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden und einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von zuletzt EUR 1.200,00 beschäftigt.
Der am … 1953 geborene Kläger zu 2) ist seit dem 01.06.1978 bei der Beklagten als Kfz-Meister mit einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von zuletzt EUR 3.100,00 beschäftigt.
Nach § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.01.1992 (BMT-GII) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet damit auch der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 30.06.2000 Anwendung. Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:
„§ 2 Vorausset zungen der Altersteilzeitarbeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die
a. |
das 55. Lebensjahr vollendet haben, |
b. |
eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und |
c. |
innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, |
die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; ….
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses…
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.”
Seit 2002 überstieg der Anteil der Beschäftigten in Altersteilzeit bei der Beklagten 5 %. Im Jahre 2002 standen bei insgesamt 214 Beschäftigten 15 Beschäftigte und damit 7 % in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis, im Jahre 2003 standen bei insgesamt 197 Beschäftigten 24 Beschäftigte und damit 12,18 %, im Jahre 2004 waren von insgesamt 195 Beschäftigten 25 Beschäftigte und damit 12,82 %, im Jahre 2005 von insgesamt 173 Beschäftigten 24 Beschäftigte und damit 13,87 %, im Jahre 2006 von insgesamt 170 Beschäftigten 31 Beschäftigte und damit 18,23 %, im Jahre 2007 von insgesamt 165 Beschäftigten 30 Beschäftigte und damit 18,18 % und im Jahre 2008 von insgesamt 153 Beschäftigten 32 Beschäftigte und damit 20,91 % in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis.
Am 08.02.2008 hing die Beklagte in ihrem Betrieb ein mit „Wegen Überforderung des Arbeitgebers kein Anspruch auf Altersteilzeit” überschriebenes Schreiben aus. Darin hießt es:
„1. Hiermit wird mitgeteilt, dass aufgrund § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TV Altersteilzeitgesetz (TV ATZ) der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages mit den E. B. entfällt, sobald und solange 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen oder diese Grenze durch den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages überschritten würde. Für die Berechnung der Quote zählen alle Arbeitnehmer des Betriebes einschließlich solcher, die nicht dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfallen.
Bei den E. B. wurde die 5 %-Quote überschritten, so dass zurzeit Altersteilzeitanträge gem. § 2 Abs. 3 TV ATZ abgelehnt werden müssen.”
Die Kläger hatten Kenntnis von diesem Aushang.
Am 07.04.2008 beantragte die Klägerin zu 1) bei der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitvertrages für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.05.2018. Die Altersteilzeit sollte danach im Blockmodell stattfinden, und zwar vom 01...