Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsfrist nach Betriebsübernahme

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB sind Beschäftigungszeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen mit demselbem Arbeitgeber nicht zu berücksichtigen, sofern nicht zwischen den Beschäftigungsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Im Fall des Betriebsübergangs sind die beim Betriebsveräußerer erbrachten Zeiten anzurechnen.

 

Normenkette

BGB §§ 622, 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 14.08.2004; Aktenzeichen 5 Ca 5683/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 14.08.2004 – Az.: 5 Ca 5683/02 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 16.01.2003 erst mit Ablauf des 31.08.2003 wirksam wird.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit der am 10.12.2002 eingegangenen Klage wehrt der Kläger sich gegen eine Versetzung und macht hilfsweise die Unwirksamkeit einer Änderungskündigung geltend. Mit der am 05.02.2003 eingegangenen Klagerweiterung wendet der Kläger sich gegen eine Änderungskündigung mit Schreiben vom 16.01.2003. In zweiter Instanz ist zwischen den Parteien lediglich noch die Dauer der Kündigungsfrist umstritten.

Der am 07.11.1944 geborene Kläger hat seinen Arbeitsplatz seit dem 01.08.1970 inne. Die erste Anstellung erfolgte durch die Firma A. 1994 wurde das Arbeitsverhältnis mit der L. GmbH unter Anrechnung der Vordienstzeit fortgesetzt. Das Arbeitsverhältnis mit der Firma L. GmbH wurde durch Aufhebungsvertrag einvernehmlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum 31.03.1999 beendet. Zu diesem Zeitpunkt war über das Vermögen der Firma L. GmbH das Konkursverfahren eröffnet, der Aufhebungsvertrag wurde mit dem Konkursverwalter abgeschlossen. Im Aufhebungsvertrag heißt es unter anderem, dass das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.99 ende,

„um dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, zum 01.04.99 ein Arbeitsverhältnis mit der I. GmbH (nachfolgend I.) zu begründen. Die Grundlage hierfür ergibt sich aus dem Interessenausgleich/Kooperationsvereinbarung vom 22.03.1999.

Zugleich unterzeichnet der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag mit der I. L. „Wegen seines weiteren Inhalts wird auf den Aufhebungsvertrag vom 29.03.1999, Bl. 22 d. Akte, verwiesen.”

Der Kläger unterzeichnete den Aufhebungsvertrag am 29.03.1999. Ebenfalls am 29.03.1999 schloss der Kläger mit der L. Beteiligungs GmbH einen Arbeitsvertrag ab, nach dem er ab 01.04.1999 als Vertriebsingenieur für die Kostenstelle 960 ASK angestellt wurde. Weiter heißt es im Arbeitsvertrag: „Es können Ihnen auch andere Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten entsprechende gleichwertige Aufgaben in anderen Abteilungen entsprechend dem Tarifvertrag übertragen werden.” Wegen seines weiteren Inhalts wird auf den Arbeitsvertrag vom 29.03.1999 verwiesen (Bl. 21 d. Akte).

Der Kläger unterzeichnete weiterhin einen Arbeitsvertrag mit der I., der das Datum vom 26.03.1999 trägt. Darin heißt es unter anderem in § 1:

„(1) … hiermit schließen der Arbeitnehmer/in und die I. L. einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer vom 01.04.1999 bis zum 31.10.99.

(2) der/die Arbeitnehmer/in ganz freiwillig zur Aufnahme eines Dauerarbeitsverhältnis ist jederzeit aus der I. L. … Ausscheiden und somit das befristete Arbeitsverhältnis beenden.”

Der Kläger hat zunächst bestritten, einen derartigen Vertrag zu kennen. Von der I. L. wisse er nichts. Das Original des Arbeitsvertrages mit der Unterschrift des Klägers wurde von der Beklagten in zweiter Instanz vorgelegt.

Der Kläger hat seine Arbeit stets in Köln ausgeübt. Sein durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst bei der Beklagten einschließlich vermögenswirksamer Leistungen lag zuletzt bei 4.035,59 EUR. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer in Vollzeit, es besteht ein Betriebsrat.

Mit Schreiben vom 07.08.2002 erklärte die Beklagte eine Änderungskündigung, die sie nach Klagerhebung durch den Kläger am 31.10.2002 zurücknahm. Zuvor hatte der Kläger ein Angebot seitens der Firma T. Antriebssysteme Berlin GmbH bekommen, nach dem er ab 01.10.2002 als Vertriebs- und Projektingenieur tätig werden sollte. Die im Vertragsangebot vorgesehenen Arbeitsbedingungen waren schlechter als bei der Beklagten (Bl. 27 ff. d. Akten). Mit Schreiben vom 31.10.2002 zog die Firma T. das Angebot zurück (Bl. 30 d. Akte).

Nach Klagerhebung im vorliegenden Verfahren erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2003 nach Anhörung des Betriebsrats eine fristgerechte Kündigung zum 28.02.2003 (Bl. 61 d. Akte). Zugleich wurde dem Kläger angeboten, ab 01.03.2003 als Vertriebsingenieur mit Arbeitsort Bremen für die Kostenstelle 782 tätig zu werden. Als Entgelt wurden insgesamt 4.119,00 EUR brutto monatlich angeboten, dabei wurde Bezug genommen auf den Entgeltrahmentarifvertrag (Bl. 62 d. Akte). Der Kläger hat die Änderungskündigung unter Vor...

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