nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Berufungsbegründung. Voraussetzungen eines Betriebsübergangs. Fortführung des bisherigen Betriebs. Teilweise Veränderung der bisherigen betrieblichen Tätigkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Berufungsbegründung des Betriebsveräußeres, wenn das Arbeitsgericht in einem Rechtsstreit gegen den Betriebsveräußerer und den Betriebserwerber festgestellt hat, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Betriebsveräußerer unwirksam ist und der Betrieb auf den Betriebserwerber übergegangen ist.
2. Ein Betriebsübergang liegt nur dann vor, wenn auch die Organisation des übernommenen Betriebes beim Betriebserwerber „in etwa” fortgeführt wird.
Hatte der Betriebserwerber einen geringen Teil der bei der Stahlproduktion anfallenden Tätigkeiten ausgegliedert (hier Verpackung von so genannten "Coils" (Stahlblechrollen)) und holt er diese Tätigkeit nach Kündigung der Verträge mit dem ausgesourcten Betrieb zurück und gliedert sie in seine vorhandene Betriebsorganisation, die auch weitere andersartige und umfassendere Verpackungstätigkeiten umfasst, wieder ein, liegt kein Betriebsübergang vor.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1; KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Urteil vom 14.03.2006; Aktenzeichen 3 Ca 3393/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 14.03.2006 – Az.: 3 Ca 3393/05 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Beendigungskündigung der Beklagten zu 1) (im Folgenden U. genannt) sowie einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) (im Folgenden A. genannt).
Der am … geborene Kläger arbeitete seit dem 19.05.1994 als Vorarbeiter bei der U.. Sein Bruttoentgelt betrug zuletzt 2.200,00 EUR brutto monatlich.
Betriebszweck der U. war das Verpacken so genannter Coils (Stahlrollen) auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit der A. bzw. deren Rechtsvorgängerin S. B. GmbH sowie der Firma B. B. G. GmbH (im Folgenden B. genannt), einer 75 %igen Tochter der A., bzw. der Rechtsvorgängerin S. B. GmbH.
Zwischen der U. und der B. bestand seit 1993 ein als Dienstleistungsvertrag bezeichneter Rahmenwerkvertrag. Ein weiterer Rahmenwerkvertrag bestand zwischen der U. und der A. bzw. ihrer Rechtsvorgängerin. Gegenstand der Rahmenverträge zwischen der U. und der A. sowie der U. und der B. war jeweils „das selbstständige und fachgerechte Verpacken von Feinblech als Coils”. Coils sind Stahlrollen mit einer Breite von bis zu 2100 mm einer Höhe von bis zu 2200 mm und einem Gewicht bis zu 36 t. Als Leistungsort war in dem Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der A. das Werksgelände der A. im Kaltwalzwerk und im Vertrag mit der B. das der A. benachbarte Werksgelände der B. vereinbart. Das von der U. geschuldete Werk bestand in der bestellungsgemäßen Verpackung von Coils.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2), die S. B. GmbH, kündigten den Vertrag der Beklagten zu 2) – A. – mit der U. mit Wirkung zum 31.12.2005 und die B. GmbH ihren Vertrag mit der U. mit Wirkung zum 31.03.2006. Die U. beschäftigte 40 Arbeitnehmer.
Durch die Kündigung des Vertrages durch die S. B. GmbH entfiel ab dem 31.12.2005 nach Auffassung der U. die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für insgesamt 17 Arbeitnehmer. Auf Grund der Kündigung des Vertrages durch die B. GmbH zum 31.03.2006 war auch für die restlichen 23 Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr gegeben. Die Beklagte zu 1) – U. – sah sich deshalb gezwungen ihren Betrieb mit gleichem Datum stillzulegen.
Die U. verhandelte im September 2005 einen Interessenausgleich mit ihren Betriebsrat. Gegenstand dieser Verhandlung waren sowohl die Entlassung der 17 Arbeitnehmer auf Grund der Kündigung des Auftrags durch die S. GmbH als auch die Entlassung der verbleibenden Arbeitnehmer der U. auf Grund der Kündigung der B. GmbH. Im Rahmen der Verhandlungen über den Interessenausgleich wurde zwischen den Betriebsparteien eine soziale Auswahl hinsichtlich der 17 zuerst zu kündigenden Arbeitnehmer getroffen. Als Grundlage für die Auswahl einigten sich die Betriebsparteien auf Vorschlag des Betriebsrats auf eine Punktetabelle, die auch schon zuvor bei Entlassungen angewandt worden waren, wegen deren Inhalts auf Bl. 62 und 63 d. A. verwiesen wird. Wegen der Erläuterung dieser Liste wird auf Bl. 58 d. A. verwiesen.
Die Betriebsparteien haben gemeinsam auf einer weiteren Liste nochmals die 17 Arbeitnehmer aufgeführt, denen mit Wirkung frühestens zum 31.12.2005 gekündigt werden sollte. Auf Bl. 64 und 65 d. A. wird verwiesen.
Die Parteien schlossen sodann einen Interessenausgleich gemäß § 1 Abs. 5 KSchG mit den entsprechenden Namenslisten ab. Wegen des Inhalts des Interessenausgleichs wird auf Bl. 66 ff. d. A. verwiesen.
Auf der ersten Namensliste befinden sic...