Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisverwertungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Beweisverwertungsverbot für von Dritten maschinell erhobene Daten, Berufungsbegründung gegen Weiterbeschäftigungsurteil:
1. Eine Berufungsbegründung bezüglich eines erstinstanzlich ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsantrages ist für den Fall erforderlich, dass der Arbeitnehmer – wie in erster Instanz – auch in der Berufungsinstanz mit seiner Kündigungsschutzklage obsiegt, der Arbeitgeber aber auch für diesen Fall die erstinstanzliche Verurteilung zur Weiterbeschäftigung angreifen will.
2. „Kommt/Geht-Daten” eines Arbeitnehmers, die von Dritten maschinell erfasst werden, ohne dass Betriebsrat und Arbeitgeber des Beschäftigungsbetriebes des Arbeitnehmers eine Betriebsvereinbarung über die Verwertung dieser Daten abgeschlossen haben, unterliegen einem Beweisverwertungsverbot.
Stehen andere Beweismittel als die von Dritten erhobenen Daten zum Beweise von Falschaufschreibungen des Arbeitnehmers nicht zur Verfügung, kann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses dieses Arbeitnehmers nicht damit begründet werden, er habe einen „Arbeitszeitbetrug” begangen. Der die Falschaufschreibungen bestätigende, dafür aber Rechtfertigungsgründe anführende Vortrag des Arbeitnehmers im Prozess, der „hilfsweise” erfolgt für den Fall, dass das Gericht ein Beweisverwertungsverbot für die von Dritten maschinell erhobenen Daten nicht anerkennen würde, darf ebenfalls nicht verwertet werden.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 6; ZPO § 520
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Urteil vom 12.01.2005; Aktenzeichen 7 Ca 7391/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 12.01.2005 – Az.: 7 Ca 7391/04 – wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen….
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung.
Der am 23.12.1946 geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 01.02.1973 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist tätig in der Funktion Leiter des Außenlagers und in diesem Zusammenhang als Einsatzleiter des Coil-Außenlagers zuständig. Sein monatliches Bruttoeinkommen beträgt durchschnittlich EUR 3.113,50 bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Stunden pro Woche.
Bei der Beklagten, die auf Werkvertragsbasis für die St. … Bremen auf deren Gelände tätig ist und die auf der Hütte 80 Arbeitnehmer beschäftigt, ist ein Betriebsrat gebildet.
Auf die Forderung der St. … Bremen hin werden auch die Anwesenheitszeiten der externen Mitarbeiter, die auf dem Gelände der Hütte tätig sind, erfasst; so auch die des Klägers. Diese Zeiterfassung der St. … Bremen wird für die Lohnfindung der Beklagten nicht herangezogen. Die Lohnabrechnung erfolgt auf der Basis der manuellen Erfassung der jeweiligen Anwesenheitszeiten.
Die Beklagte führte eine Überprüfung der Stundenaufschreibung des Klägers durch mit der Feststellung, dass die durch die Zeiterfassung bei den St. … Bremen erfassten und die vom Kläger manuell aufgeschriebenen Stunden voneinander abweichen. Eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat der Beklagten über die Auswertung der von den St. … Bremen erfassten Mitarbeiter der Beklagten ist nicht abgeschlossen worden.
Am 08. und 09.07.2004 wurde der Kläger angehört. Am 09.07.2004 wurde der Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung angehört. Das Anhörungsschreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:
„Die Kündigung ist aus folgenden Gründen erforderlich:
Ein Abgleich der uns von den St. … Bremen zur Verfügung gestellten Daten „Kommt-Geht-Sätze aus SAP” (Anlage) und den von Herrn A. … (selbst) verschriebenen und letztlich zur Auszahlung gekommenen Stunden, weist in dem überprüften Zeitraum jeden Monat erhebliche Differenzen zugunsten von Herrn A. … aus. Wir verweisen als Beweis auf die beigefügten Anlagen:
1) Kommt-Geht-Sätze St. … Bremen
2) Verschreibungslisten von Herrn A. …
3) Erfassungsbelege, die anhand der unter 2) genannten Verschreibungslisten erstellt wurden
Herr A. … räumte auf Befragen am 08.07.2004 und 09.07.2004 ein, dieses Fehlvergehen in vollem Bewusstsein getan zu haben. So erklärte er in Gegenwart von Herrn M. … und Herrn W. …, dieses bereits seit 8 ½ Jahren so gemacht zu haben. Er sah aber hierin kein Fehlverhalten, da er für die Firma „so viel” getan habe und dies nicht besonders vergütet bekommen habe.
Zu keiner Zeit hat es seitens der Firma Herrn A. … gegenüber in irgendeiner Form Zusagen gegeben, sich in derartiger Form nicht erbrachte Arbeitsleistung bezahlen zu lassen.
Im Gegenteil, Herr A. …, der selbst Vorgesetzter ist und somit Vorbildfunktion hat, hat es verstanden, seine Vorgesetzten zu täuschen, indem er sie im Glauben ließ, täglich bis 17:00 Uhr bzw. 16:30 Uhr anwesend gewesen zu sein, obwohl er regelmäßig das Firmengelände vorzeitig verlassen hat.”
Auf Bl. 27 + 28 d. A. wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 12.07.2004 hat der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung widersprochen. Mit Schreiben vom 13.07.2004, dem Kläger a...