Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigungsanspruch des Betriebsrats bei fehlerhaften Ein- und Umgruppierungen. Kein vorbeugender Unterlassungsanspruch des Betriebsrats wegen künftiger Störungen. Beseitigung personeller Maßnahmen durch den Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat kann gem. § 101 Satz 1 BetrVG die nachträgliche Beseitigung einer unter Verletzung von §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 2 BetrVG durchgeführten personellen Maßnahme verlangen, nicht aber die vorbeugende Unterlassung der Störung (BAG 23.06.2009 - 1 ABR 23/08, Rn. 19). Dies gilt auch für Ein- und Umgruppierungen.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 99 Abs. 1 S. 1, § 100 Abs. 2, § 101 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.05.2020; Aktenzeichen 14 BV 166/20)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.02.2023; Aktenzeichen 1 ABR 9/22)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.05.2020 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde dahingehend abgeändert, dass der Antrag zu Ziff. 2 des Beschlusses abgewiesen wird.

Auf den Hilfsantrag des Betriebsrats wird festgestellt, dass das für die Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gem. § 99 BetrVG maßgebliche Vergütungssystem im Betrieb der Arbeitgeberin in M. das in dem Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (ERA NRW) enthaltene Vergütungssystem ist, sofern es sich nicht um AT-Angestellte iSd ERA oder um Leiharbeitnehmer handelt.

Die Rechtsbeschwerde wird nur für den Betriebsrat zugelassen.

 

Gründe

I. Der antragstellende Betriebsrat begehrt, der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin aufzugeben, seine Zustimmung zur Einstellung von 28 Arbeitnehmern gerichtlich ersetzen zu lassen sowie künftig Ein- und Umgruppierungen nach dem Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (ERA NRW) vorzunehmen.

Die Arbeitgeberin unterstützt als Teil der F.-Gruppe Hersteller in der Prozess-, Hybrid- und Einzelfertigungsindustrie bei der Produktionssteigerung, beim Schutz von Personal und Umwelt und bei der gleichzeitigen Optimierung der Energie- und Betriebskosten. In ihrem Betrieb in M. beschäftigt sie etwa 274 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist der dort gebildete Betriebsrat (iF: Betriebsrat).

Die Arbeitgeberin war Mitglied im Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung e.V. und somit an die zwischen diesem und der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie NRW gebunden, u.a. auch an das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (ERA NRW). Zum 31.12.2020 kündigte sie ihre Mitgliedschaft in dem Arbeitgeberverband.

Zwischen den Beteiligten besteht Uneinigkeit über die im M.er Betrieb anzuwendende Vergütungsordnung. Mitarbeiter werden teilweise in ERA NRW eingruppiert, teilweise in ein anderes Vergütungssystem, welches jedoch ohne Beteiligung des Betriebsrats von der Arbeitgeberin angewendet wird.

Die Arbeitgeberin nahm im Zeitraum von Mai 2018 bis September 2020 diverse Einstellungen sowie Versetzungen von Arbeitnehmern vor, über die sie den Betriebsrat jeweils schriftlich unterrichtete. Sämtliche Schreiben sind überschrieben mit "Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG". Bei den Einstellungen wird jeweils das Gehalt des Arbeitnehmers angegeben und es befindet sich jeweils ein Häkchen hinter dem Feld "AT Angestellte(r)" außer bei dem Arbeitnehmer G. T.. Nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz handelte es sich bei ihm aus Sicht der Arbeitgeberin ebenfalls um einen "AT-Angestellten" und das Häkchen in dem entsprechenden Feld war versehentlich nicht gesetzt worden. Teilweise ist in den Schreiben zusätzlich noch eine Stellenbewertung (sog. "Job Grade") und ein zugehöriger Medianwert angegeben. Auch bei den Versetzungen befindet sich in allen Fällen ein Häkchen hinter dem Feld "AT Angestellte(r)". In einigen Fällen wurde hier mitgeteilt, dass das Gehalt unverändert sei. Am unteren Ende der Unterrichtungsschreiben befindet sich jeweils ein Feld für die "Stellungnahme des Betriebsrates". Hier kann der Betriebsrat ankreuzen "Kenntnisnahme", "Zustimmung" oder "Verweigerung der Zustimmung wegen eines Widerspruchgrundes gemäß BetrVG".

Der Betriebsrat stimmte den Einstellungen bzw. Versetzungen zu, widersprach jedoch in mindestens 28 Fällen den Eingruppierungen. Die Arbeitgeberin ließ in keinem der Fälle die Zustimmung des Betriebsrats gerichtlich ersetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Unterrichtungsschreiben der Arbeitgeberin sowie die Stellungnahmen des Betriebsrats (Anl. 1 bis 18, Bl. 20 - 37 d.A. sowie Anl. 21 bis 58, Bl. 40 - 77 d.A.) Bezug genommen.

Mit dem am 22.09.2020 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Verfahren will der Betriebsrat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG erreichen, dass die Arbeitgeberin ordnungsgemäß seine Zustimmung zu den Ein- und Umgruppierungen gemäß § 99 BetrVG einhol...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?