Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers im Beschlussverfahren. Wirtschaftliche Bedeutung der Mitbestimmung bei Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der dreifache Jahreswert des § 42 Abs. 4 S. 2 GKG ist um ein Drittel zu kürzen, wenn es auch um weitere Fälle geht, die allerdings nur kursorisch einer Prüfung unterzogen werden.

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 3, § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 40; GKG § 42 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 24.11.2011; Aktenzeichen 5 BV 27/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 24.11.2011 teilweise wie folgt abgeändert:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 19.965,00 € festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin in Höhe einer Gebühr von 20,00 €.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin hatte als Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, um die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von vier Arbeitnehmern nach dem ERA-TV zu ersetzen.

Der Betriebsrat hatte die Zustimmung jeweils verweigert und bei dem Mitarbeiter M. geltend gemacht, dass er statt nach Entgeltgruppe 7 nach Entgeltgruppe 8 zu vergüten sei und die drei Mitarbeiter B., G. und T. statt nach der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 10.

Das Arbeitsgericht hat auf Anregung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats "den Gegenstandswert (Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren) für das Verfahren auf 35.451,00 € festgesetzt" und dabei für den Mitarbeiter M. eine monatliche Differenz in Höhe von 182,00 € für 36 Monate abzüglich 25 % in Ansatz gebracht und für die anderen drei Mitarbeiter jeweils 36 x 377,00 € Differenzbetrag abzüglich 25 %.

Gegen diese Streitwertfestsetzung wendet sich die Beschwerde der Arbeitgeberin, die der Auffassung ist, dass hinsichtlich des Mitarbeiters M. allenfalls 3.000,00 € in Ansatz zu bringen sind und hinsichtlich der drei anderen Mitarbeiter maximal 16.965,00 €.

II.

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin musste zum Teil Erfolg haben.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit war auf 19.965,00 € festzusetzen.

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Da die Arbeitgeberin in einem Beschlussverfahren aufgrund der Gebührenfreiheit des Verfahrens als solchem auch die Kosten des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gemäß § 40 BetrVG zu tragen hat, ist sie sowohl antragsberechtigt als auch gemäß § 33 Abs. 3 RVG beschwerdeberechtigt (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG, 7. Aufl., § 84 Rdn. 14). Darauf hat auch das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen.

2. Das Arbeitsgericht ist im Grundsatz von der Rechtsprechung der Beschwerdekammer bei Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten ausgegangen.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist bei Verfahren nach den §§ 99 bis 101 BetrVG, in denen es um die Ersetzung der Zustimmung für eine Ein- oder Umgruppierung geht, die Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG unter Beachtung der Wertmaßstäbe des § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG als geeignetem Anknüpfungspunkt zu bestimmen (vgl. zuletzt LAG Düsseldorf vom 14.09.2004 - 17 Ta 445/04 - und vom 06.02.2006 - 6 Ta 62/06 -).

Zunächst ist zur Bewertung der dreifache Jahresbetrag der in Frage kommenden Vergütungsdifferenz gemäß § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG der betroffenen Arbeitnehmer zu ermitteln. Es ist sodann allerdings eine Kürzung dieses Ausgangsbetrages angebracht, da die vom Arbeitgeber beabsichtigte Ein- oder Umgruppierung als bloßer Normvollzug keinerlei rechtliche Wirkungen zeitigt. Sie hat nur deklaratorische Bedeutung und lässt die Rechtsstellung des betreffenden Arbeitnehmers unberührt.

In der praktischen Auswirkung und der damit für die Bewertung maßgeblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Mitbestimmungsangelegenheit ist allerdings nicht zu verkennen, dass der Mitbestimmungsstreit auch die entscheidende individualrechtliche Eingruppierungsklage weitgehend vorklärt. Unter diesem Gesichtspunkt der verminderten Rechtskraftwirkung ist deshalb von einer 25%igen Kürzung des dreifachen Jahresbetrages des § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG auszugehen (LAG Düsseldorf vom 06.02.2006, - 6 Ta 62/06 - und 18.04.2006 - 6 Ta 182/06 --; Beschluss vom 28.02.2011 - 2 Ta 75/11 -).

Bei einer Vielzahl von Parallelverfahren ist dieser Wert jedoch grundsätzlich nicht in Ansatz zu bringen. Insoweit ist unter dem Blickwinkel "Umfang und Schwierigkeit der Sache" eine Herabsetzung geboten. Dabei ist nicht entscheidend, ob die parallel gelagerten Streitigkeiten in gesonderten Einzelverfahren oder in einem Gruppenverfahren zur Entscheidung gestellt werden. In den Fällen, in denen lediglich eine kursorische Prüfung der weiteren Fälle seitens der Anwälte geboten ist, führt dies nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer zu einer Kürzung der Parallelsachen auf jeweils 1/3 des Ausgangswertes von 75 % des 36fachen Differenzbetrages (LAG Düsseldorf vom 02.07.2004 - 17 ...

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