Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit der Originalunterschrift auf Zustimmungserklärung bei Wahlbewerbung für den Betriebsrat. Eingescannte Unterschrift keine Originalunterschrift. Pflicht zur zusätzlichen Bekanntmachung der Vorschlagsliste per Mail. Geeignetheit der Beeinflussung des Wahlergebnisses bei Verstoß gegen § 19 Abs. 1 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
1. Die einer Vorschlagsliste nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO BetrVG beizufügenden schriftlichen Zustimmungserklärungen der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in die Liste müssen mit Originalunterschriften versehen sein. Es reicht nicht aus, wenn dem Wahlvorstand lediglich die Telekopie der Originalunterschriften zugeht. Das folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Formvorschrift (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 20.05.2005 - 10 TaBV 94/04 - Rz. 92 juris; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 11 TaBV 68/07 -, Rn. 33 - 35, juris; für Wahlvorschläge iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO: BAG, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 -, Rn. 30, juris). Für eingescannte Unterschriften gilt nichts anderes.
2. Hat der Wahlvorstand das Wahlausschreiben nach § 3 Abs. 4 Satz 2 WO BetrVG ergänzend per E-Mail bekannt gemacht, so ist es zwingend erforderlich, dass auch die als gültig anerkannten Vorschlagslisten ergänzend per E-Mail bekannt gemacht werden (§ 10 Abs. 2 WO BetrVG). Geschieht dies nicht, liegt ein Verstoß gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift i.S.v. § 19 Abs. 1 BetrVG vor, der geeignet ist, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
Normenkette
BetrVG § 19; WO BetrVG § 6; WO BetrVG § 10 Abs. 2; BGB § 126 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 13.09.2018; Aktenzeichen 4 BV 15/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 13.09.2018 - 4 BV 15/18 - wird zurückgewiesen, wobei der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung aus Klarstellungsgründen wie folgt gefasst wird:
Die im Mai 2018 erfolgte Betriebsratswahl im Wahlbetrieb BBG.3 gemäß Anlage 1 des für die Betriebe der Beteiligten zu 11. geltenden Tarifvertrages zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen vom 04.04.2017 wird für unwirksam erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer in der Zeit vom 15.05.2018 bis zum 17.05.2018 durchgeführten Betriebsratswahl.
Die Beteiligte zu 11. (Arbeitgeberin) ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Deutsche C. AG. In dieser Tochtergesellschaft, die ihren Hauptbetrieb in C. hat, sind seit 2010 alle Unternehmen des DB Konzerns zusammengefasst, die Bauleistung an der Eisenbahninfrastruktur in Deutschland und in Europa erbringen.
Für die Bildung und Zuordnung von Arbeitnehmervertretungen für die über das Bundesgebiet verteilten Betriebe und Betriebsteile der Arbeitgeberin gilt der zwischen der Arbeitgeberin und der Tarifgemeinschaft der Eisenbahngesellschaften EVG/GDL abgeschlossene "Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der DB C. bau Gruppe GmbH (BetrVTV BBG)" vom 04.04.2017 nebst Anlage 1. Gemäß § 2 Abs. 2 BetrVTV BBG i. V. m. Anlage 1 bildet der Standort P. die zusammengefasste Einheit "BBG.3" und damit einen eigenständigen Wahlbetrieb (Wahlbetrieb 03), zu dem neben dem P.er Betrieb auch die Standorte I., F., G., L. und I. sowie der nach Abschluss des Tarifvertrages hinzugekommenen Standort I. zählen. Hinsichtlich des Inhalts des Tarifvertrages wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie verwiesen.
Die Beteiligten zu 1. - 9. (Antragsteller) sind Mitarbeiter im Wahlbetrieb 03 der Arbeitgeberin, die sich mit der Vorschlagsliste "Wir MIT EUCH" für die stattfindende Betriebsratswahl beworben hatten, mit dieser Liste vom Wahlvorstand jedoch nicht zur Wahl zugelassen worden waren.
Bei dem Beteiligten zu 10. handelt es sich um den aus der Wahl hervorgegangenen Betriebsrat.
Mit einem auf den 20.03.2018 datierenden Wahlausschreiben leitete der Wahlvorstand die Wahl eines neuen Betriebsrates im Wahlbetrieb 03 ein, die am 15.05.2018 in der Zeit von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr in der I. straße 111, P., am 16.05.2018 in der Zeit von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr in der S.-C.-Straße 1, I. und am 17.05.2018 in der Zeit vom 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr in der E. er Straße 89, P. stattfinden sollte. Die Umstände des Zustandekommens dieses Wahlausschreibens sowie seines Aushangs sind strittig. In dem Wahlausschreiben teilte der Wahlvorstand jedenfalls mit, dass er für den Betriebsteil I. die schriftliche Stimmenabgabe beschlossen habe. Unter dem 20.03.2018 hing der Wahlvorstand ein weiteres Wahlausschreiben aus, dessen Zustandekommen ebenfalls strittig ist. Dieses zweite Wahlausschreiben wich von dem ursprünglichen Wahlausschreiben insoweit ab, als der Wahlvorstand nunmehr mitteilte, dass er für die Betriebsteile I., F., L. und G. sowie für Mitarbeiter in sog. "Einsatzwechseltätigkeit" die schriftliche Stimmabgabe beschlossen habe. Der W...