Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen. dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag in einer nachwirkenden Betriebsvereinbarung (betriebliches Vergütungssystem), Ablösung des BAT durch den TVöD
Leitsatz (amtlich)
1. Nachwirkende Betriebsvereinbarungen in mitbestimmten Angelegenheiten (hier: § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) gelten auch für neu eingestellte Arbeitnehmer. Bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung ist der Arbeitgeber daher auch bei diesem Mitarbeitern an das in der nachwirkenden Betriebsvereinbarung in Bezug genommene Vergütungssystem gebunden.
2. Tritt eine Betriebsvereinbarung, die dynamisch auf einen Tarifvertrag verweist, in das Stadium der Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG ein, so endet die Dynamik. Aus der dynamischen wird eine statische Verweisung auf den Tarifvertrag in der Fassung, die er bei Ablauf der verweisenden Betriebsvereinbarung hat (im Anschluss an BAG 29.01.2008 – 3 AZR 426/06 – NZA 2008, 541 ff).
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 4, § 77 Abs. 6, § § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 3 BV 11/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 29.06.2007 – 3 BV 11/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz noch über die Eingruppierung der Pflegehelferin T..
Die Antragstellerinnen (Arbeitgeberinnen), die nicht tarifgebunden sind, betreiben zusammen ein Senioren- und Pflegezentrum. Antragsgegner ist der in ihrem gemeinsamen Betrieb gebildete Betriebsrat.
Für den Bereich Pflege existiert im Betrieb der Arbeitgeberinnen eine Betriebsvereinbarung aus September 1995. In dieser heißt es zur Vergütung der Beschäftigten auszugsweise:
„§ 2 Lohn- und Vergütungsrichtlinien
- Für die Angestellten nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung gelten analog die für die Angestellten des Bundes und der Länder vereinbarten Bestimmungen des Lohn- und Vergütungstarifvertrages – BAT – vom 11. Januar 1961.
- Für die Arbeiter/-innen nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung gelten analog die für die Arbeiter/-innen des Bundes und der Länder vereinbarten Lohntarifvertrages des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter vom 31. Januar 1962.
- für die Auszubildenden nach § 1 dieser Betriebsvereinbarung gelten analog die für die Auszubildenden des Bundes und der Länder vereinbarten Vergütungsregelungen des Manteltarifvertrages für Auszubildende vom 6.Dezember 1974.
- Änderungen beziehungsweise Ergänzungen der Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in denen die Änderungen beziehungsweise Ergänzungen für Angestellte, Arbeiter/-innen und Auszubildende des Bundes und der Länder wirksam werden.
- Absatz 4 gilt sinngemäß für die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Bestimmungen,
die außer Kraft treten. (…)”.
Die Betriebsvereinbarung wurde arbeitgeberseitig mit Schreiben vom 27.09.2001 zum 31.12.2001 gekündigt. In der Folgezeit konnten sich die Betriebspartner nicht auf eine neue Regelung verständigen. Ein entsprechendes Einigungsstellenverfahren ruht.
Mit einem dem Betriebsrat am gleichen Tag zugegangenen Schreiben vom 31.01.2007 baten die Arbeitgeberinnen diesen um Zustimmung zur befristeten Einstellung von Frau T. T. als Pflegehelferin in der Lohngruppe EG 3 A. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung mit Schreiben vom 06.02.2007, den Arbeitgeberinnen einen Tag später zugegangen, zu. Gleichzeitig widersprach er der beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung, sie entspreche nicht der hausüblichen Vergütung. Die Arbeitgeberinnen stellten die Mitarbeiterin T. zunächst befristet bis zum 31.07.2007 ein. Ihr Arbeitsvertrag wurde während des anhängigen Beschlussverfahrens um ein weiteres Jahr verlängert.
Mit dem am 14.02.2007 beim Arbeitsgericht Oberhausen eingegangenen Antrag begehren die Arbeitgeberinnen, soweit in dieser Instanz noch von Interesse, die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin nach dem TVöD.
Sie haben insoweit geltend gemacht:
Der vom Betriebsrat angeführte Zustimmungsverweigerungsgrund liege nicht vor. Die Eingruppierung der Mitarbeiterin T. richte sich nicht nach der Vergütungsordnung des BAT. Die Betriebsvereinbarung aus September 1995 wirke zwar nach, soweit sie Regelungen zur Vergütung vorsehe. Da der BAT zwischenzeitlich aber durch den TVöD ersetzt worden sei, gelte hinsichtlich der Vergütung für neu eingestellte Beschäftigte der zuletzt genannte Tarifvertrag.
Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,
- die fehlende Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung der Mitarbeiterin T. T. in die Lohngruppe TVöD EG 3 A zu ersetzen,
- festzustellen, dass in ihrem Betrieb in N. für den Bereich Service keine betriebliche Vergütungsordnung vorhanden ist.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er hat im Wesentlichen vorgetragen:
Die Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung sei zu Recht verweigert worden. Bis zum Inkra...