Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellungswahl. Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
Der Betriebsrat kann jederzeit beschließen, die freizustellenden Betriebsratsmitglieder insgesamt neu zu wählen. Einer Dreiviertelmehrheit, wie im Falle der Abberufung einzelner Betriebsratsmitglieder nach § 38 Abs. 2 S. 8 i.V.m. § 27 BetrVG bedarf es dafür nicht. Einer vorherigen Abberufung der bisher Freigestellten bedarf es dazu ebenfalls nicht.
Normenkette
BetrVG §§ 38, 27, 25, 19
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.03.2004 – 5 BV 76/03 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 09.05.2003.
Im Betrieb der Beteiligten zu 3), bei der mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigt sind, fand am 15.03.2002 die Neuwahl des Betriebsrates statt. Am 04.04.2002 fand sodann die Sondersitzung des gewählten 23-köpfigen Betriebsrates statt, in der die Wahl der sieben freizustellenden Betriebsratsmitglieder erfolgte. Hierzu wurden drei Listenverbindungen eingereicht. Nach Vorstellung der Listen gab das Betriebsratsmitglied E. bereits zu Protokoll, er sei der Auffassung, dass vor dem Wahlgang zu den Freistellungen festgelegt werden müsse, wie viele Voll- bzw. Teilfreistellungen überhaupt vergeben würden. Die Wahl der Vollfreistellungen und die anschließende Teilung innerhalb der Vorschläge sei unzulässig. Der Betriebsrat stimmte jedoch unangesehen dieser Bedenken zunächst über die Vergabe der sieben Freistellungen als Vollfreistellungen ab. Es fand eine geheime Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu den oben genannten Listen statt. Im Anschluss daran reichten verschiedene Betriebsratsmitglieder Anträge zur Halbierung der Freistellungen ein. Über jeden einzelnen Antrag auf Halbierung der Freistellung stimmte der Betriebsrat einzeln in einer geheimen Wahl ab. Der Betriebsratsvorsitzende reichte daraufhin einen Vorschlag für die Besetzung der Freistellungen ein. Der Betriebsrat stimmte unter Berücksichtigung der vorherigen Abstimmungsergebnisse zur Teilung der Freistellungen sodann über den Vorschlag des Vorsitzenden für die namentliche Besetzung der Voll- bzw. Teilfreistellungen ab. Letztlich erhielt u.a. der Antragsteller zu 1) (Hr. Q.) eine Vollfreistellung.
Eine Anfechtung der Wahl aufgrund der Verfahrensverstöße erfolgte zunächst nicht. Erst am 30.04.2003 war als Tagesordnungspunkt einer Sondersitzung des Betriebsrats die „Nichtigkeit der Freistellungswahl vom 04.04.2002” aufgeführt. Zu diesem Zeitpunkt vertrat die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder die Auffassung, die Wahl der Freistellungen im Vorjahr sei wegen Verstoßes gegen elementare Wahlgrundsätze nichtig gewesen und daher eine Neuwahl der Freistellungen ohne vorherige Abberufung der bislang freigestellten Betriebsratsmitglieder zulässig. Ausweislich der Niederschrift über die Sondersitzung vom 05.05.2003 nannte das Betriebsratsmitglied E. als weitere Gründe für eine Neuwahl, dass immer noch einige Betriebsbereiche nicht mit freigestellten Betriebsräten abgedeckt seien sowie dass die künftigen Anforderungen an das gesamte Gremium (Restrukturierung) es erforderlich mache, die Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen. Es wurde der Neuwahl der Freistellungen in der Sondersitzung am 09.05.2003 bei sieben Gegenstimmen zugestimmt. Sodann stimmte der Betriebsrat über die Anzahl der Voll- bzw. Teilfreistellungen ab und beschloss mit einer Mehrheit von 16: 7 Stimmen, die Zahl der Vollfreistellungen auf zwei und die Halbfreistellungen auf zwölf festzusetzen, nachdem arbeitgeberseits zuvor mitgeteilt worden war, dass im Interesse einer möglichst wirksamen Betriebsratsarbeit sich das Unternehmen entschlossen habe, dem Betriebsrat zu den bereits bestehenden sieben Freistellungen eine zusätzliche achte Vollfreistellung zu gewähren, was ausschließlich vor dem Hintergrund der vielfältigen Restrukturierungsmaßnahmen geschehe, die das Unternehmen in der Gesamtheit zu bewältigen habe und die aus vielen Anlässen heraus die Einbindung des Betriebsrats fordere. Im Anschluss erfolgte die Wahl der Freistellungen. Hierzu wurden wiederum drei Listen eingereicht. Es fand eine geheime Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl statt. Im Ergebnis änderte sich lediglich zum Nachteil des Betriebsratsmitglieds Q. der Umfang der Freistellung, die auf 50 % herabgesetzt wurde; der Umfang der übrigen Freistellungen blieb teilweise gleich, teilweise erhielten andere Betriebsratsmitglieder eine 50 %ige Freistellung. Vor Durchführung dieser zweiten Wahl war eine ausdrückliche Abberufung der bereits freigestellten Betriebsratsmitglieder nicht erfolgt.
Die Antragsteller haben die Ansicht vertreten, die ursprünglich durchgeführte Wahl der Freistellungen sei zwar wege...