Zulassung: keine Zulassung
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr nach Einigung über Fortsetzung eines gekündigten Arbeitsverhältnisses und anschließender Klagerücknahme
Leitsatz (amtlich)
Eine Einigungsgebühr i. S. d. Nr. 1000 VV RVG entsteht auch dann, wenn die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits sich auf eine Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses einigen und der Arbeitnehmer daraufhin die Klage zurücknimmt.
Normenkette
RVG §§ 11, 55; VV RVG Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 10.05.2006; Aktenzeichen 14 Ca 7078/05) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde des Antragstellers vom 12.05.2006 wird der (richterliche) Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.05.2006 – 14 Ca 7078/05 –, zugestellt am 12.05.2006, aufgehoben.
2. Der Festsetzungs-Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.04.2006 wird (teilweise) aufgehoben, soweit das Arbeitsgericht die beantragte Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer außer Ansatz gelassen hat.
3. Das Verfahren wird zur Neuentscheidung über den Vergütungsfestsetzungsantrag des Antragstellers/Beschwerdeführers an das Arbeitsgericht/Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zurückverwiesen.
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Mit Kündigungsschutzklage vom 10.10.2005 wandte sich die Klägerin des Ausgangsrechtsstreits gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Antrag,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 05.10.2005 nicht aufgelöst worden ist…
Zugleich stellte sie Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dem das Arbeitsgericht entsprach. Nachdem die Parteien sich außergerichtlich auf eine Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses geeinigt hatten, nahm die Klägerin die Klage zurück. Im vorliegenden Verfahren auf Festsetzung der Anwaltsvergütung im PKH-Verfahren (§ 55 RVG) hat das Arbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bezirksrevisors die Festsetzung einer Einigungsgebühr abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die (befristete) Beschwerde des Antragstellers gegen den richterlichen Beschluss des Arbeitsgerichts ist zulässig: Sie ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für die außer Ansatz gelassene Einigungsgebühr übersteigt 200,00 EUR. Die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG einzuhaltende Rechtsmittelfrist von zwei Wochen ab Zustellung ist gewahrt.
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors und des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss ist im vorliegenden Fall eine Einigungsgebühr (Nr. 1000, 1003 VV RVG) entstanden. Sie entsteht nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
a) Dass es sich bei der Einigung der Parteien über die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses um einen Vertrag handelt, durch den sie ihren Streit über ein Rechtsverhältnis beseitigt haben, ist unzweifelhaft. Der Streit zwischen ihnen über die Rechtswirksamkeit der Kündigung und über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses wurde einvernehmlich beigelegt. Die Beklagte des Ausgangsrechtsstreits hatte entgegen den Ausführungen des Bezirksrevisors in seiner Stellungnahme vom 15.02.2006 auch nicht lediglich einseitig Erklärungen abgegeben, sondern – wie das Schreiben der Beklagten vom 19.10.2005 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Überschrift „Kündigungsrücknahme” zeigt – sich mit der Klägerin über die Änderung der Arbeitsbedingungen, anschließender Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, einer „Rücknahme” der Kündigung und gleichzeitiger Klagerücknahme verständigt. Hieran war ausweislich des Schreibens vom 19.10.2005 auch der Antragsteller beteiligt.
b) Diese vertragliche Einigung beschränkte sich auch nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder auf einen Verzicht einer der beiden Parteien. Zunächst fehlt es insoweit bereits an entsprechenden Erklärungen. Insbesondere hat die Beklagte des Ausgangsrechtsstreits den prozessualen Anspruch des dortigen Klägers nicht anerkannt (vgl. § 307 Abs. 1 ZPO). Darüber hinaus haben die Parteien hier mit ihrer Vereinbarung über den Fortbestand und die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mehr geregelt, als es der Beklagten einseitig etwa durch ein Anerkenntnis möglich gewesen wäre, indem sie beispielsweise die Kündigung als rechtsunwirksam anerkannt und zurückgenommen hätte. Da es sich bei der Kündigung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, kann sie nach Zugang vom Kündigenden nicht mehr einseitig zurückgenommen werden (vgl. u. a. BAG vom 19.08.1982 – 2 AZR 230/80 – AP § 9 KSchG 1969 Nr. 9, zu II 2 a der Gründe). Um das hiermit ang...