Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Antrag einer GmbH nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (amtlich)
1. Das Unterlassen der Rechtsverteidigung muss bei Antragstellung durch eine juristische Person im Regelfall auch dann allgemeinen Interessen i.S.v. § 116 S. 1 Ziff. 2 ZPO zuwiderlaufen, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist.
2. Die Regelung in § 116 S. 1 Ziff. 1 ZPO findet hier keine analoge Anwendung.
Normenkette
ZPO § 116 S. 1 Ziff. 2
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 15.07.2010; Aktenzeichen 12 Ca 8272/09) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.07.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beklagte, über deren Vermögen am 09.02.2010 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist.
Der in einem Kündigungsschutzverfahren gestellte Antrag der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung ist durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 15.07.2010 im Wesentlichen unter Hinweis auf ein mangelndes öffentliches Interesse i.S. des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO und der erst vorläufigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgewiesen worden.
Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Beklagten hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Arbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts in Ermangelung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 116 S. 1 ZPO zurückgewiesen und der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Mit den Angriffen der Beschwerde vermochte die Beklagte nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu gelangen.
1. Die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Ziff. 1 ZPO sind im Streitfall nicht gegeben.
Nach dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut kommt die vom Gesetzgeber bezweckte Erleichterung einer Prozessführung mit dem Ziel der Anreicherung der Insolvenzmasse dem Insolvenzverwalter in seiner Funktion als „Partei kraft Amtes” zu. Eine solche Bestellung des Rechtsanwalts M. C. zum Insolvenzverwalter liegt unstreitig nicht vor. Durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 09.02.2010 ist dieser vielmehr zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Nicht ein Insolvenzverwalter, sondern die Beklagte selbst begehrt vorliegend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Der Privilegierungstatbestand des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO ist mithin von der eindeutigen Sachlage her nicht gegeben.
2. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO vor. Dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im vorliegenden Fall allgemeinen Interessen zuwiderliefe, vermochte auch in Ansehung des weiteren Beschwerdevortrages nicht festgestellt zu werden.
a) Von einem solchen allgemeinen Interesse ist auszugehen, wenn die Entscheidung einen größeren Kreis der Bevölkerung oder auch des Wirtschaftslebens ansprechen und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann, bzw. wenn die Existenz der juristischen Person von der Durchführung des Prozesses abhängig ist und von dessen Ausgang das Schicksal einer größeren Anzahl von Mitarbeitern abhängt, bzw. wenn die juristische Person ohne Durchführung des Prozesses gehindert ist, Aufgaben zu erfüllen, die der Allgemeinheit dienen oder wenn eine Vielzahl von Kleingläubigern betroffen ist (vgl. BGH Beschluss v. 24.10.1990 – VIII ZR 87/90, NJW 91, 703; BVerfG, Beschluss v. 03.07.1973 – 1 BvR 153, NJW 74, 229; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 116 Rz. 15 m.w.N.).
Unzweifelhaft erfüllte die Beklagte von ihrem Geschäftszweck her keine der Allgemeinheit dienenden Aufgaben. Überdies war der Geschäftsbetrieb längst eingestellt und sind sämtliche Mitarbeiter bereits entlassen worden, weitere Arbeitsplätze nicht gefährdet (vgl. insoweit auch: OLG Hamm, Beschluss v. 20.07.1988 – 20 W 16/88 u. 20 W 56/88, NJW 89, 382; hierauf Bezug nehmend auch: Sächsisches LAG v. 24.05.2007 – 4 Ta 97/07, LAGE ZPO 2002, § 116 Nr. 1).
Dies wird letztlich auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
b) Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, ein in § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO ihrer Auffassung nach zum Ausdruck kommender Grundgedanke – ein öffentliches Interesse an der Sicherung einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens – müsse auch bereits für das vorläufige Insolvenzverfahren gelten und damit analog für die Anwendbarkeit des § 116 S. 1 Ziff. 2 ZPO herangezogen werden, vermochte dem nicht beigetreten zu werden.
Dass die ordnungsgemäße Abwicklung des vorläufigen...