Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Mehrvergleich. stillschweigende Antragserweiterung
Leitsatz (amtlich)
1. Regelmäßig sind stillschweigende PKH-Anträge mit dem stark formalisierten PKH-Bewilligungsverfahren nicht vereinbar, vergessene Anträge gestellten Anträgen nicht gleichzusetzen.
2. Ausnahmsweise kann eine stillschweigende Antragstellung hingegen dann angenommen werden, wenn sich ein dahingehender Parteiwille aus den Umständen eindeutig entnehmen lässt.
3. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn nach Einreichung der Kündigungsschutzklage mit entsprechendem PKH-Antrag im Termin ein Vergleich geschlossen wird, in welchem auch bisher nicht rechtshängig gemachte Streitpunkte erörtert und miteinbezogen werden, deren Berechtigung unmittelbar von Fortbestand oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängt.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Beschluss vom 23.07.2009; Aktenzeichen 8 Ca 1836/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 23.07.2009 teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts auch hinsichtlich des Mehrvergleichs vom 19.06.2009 bewilligt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die vom Kläger zu tragende Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt (GebTatbNr. 8614 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).
Tatbestand
I. In einem durch Klageerhebung vom 05.05.2009 eingeleiteten Kündigungsschutzverfahren hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2009 Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren unter dessen Beiordnung beantragt. Im Gütetermin vom 19.06.2009 kam es zum Abschluss eines Prozessvergleichs. Hiernach war bei fristgerechter Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2009 und dessen ordnungsgemäßer Abwicklung bis dahin unter Freistellung des Klägers die Zahlung einer Abfindung von 23.000,– EUR brutto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses vereinbart. Für das Verfahren hat das Arbeitsgericht einen Streitwert von 8.100,– EUR, für den Vergleich von 10.800,– EUR festgesetzt. Durch Beschluss vom 23.07.2009 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe für den Rechtsstreit unter Festsetzung eines Einmalbetrages in Höhe der angefallenen Prozesskosten in Höhe von 1.016,82 EUR zum 15.11.2009 bewilligt, im Übrigen der Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 19.08.2009 eingegangenen sofortigen Beschwerde gewandt.
Er hat beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich vom 19.06.2009 zu bewilligen.
Der Kläger hat hierzu geltend gemacht, es lägen die Voraussetzungen für ratenfreie Prozesskostenhilfe vor, eine Bestreitung der Prozesskosten aus einem Teil der Abfindung scheide aus. Eines gesonderten Antrages, Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich zu bewilligen, habe es nicht bedurft, da der schriftsätzlich gestellte Prozesskostenhilfeantrag bereits entsprechend auszulegen sei. Anderenfalls hätte es eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedurft.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die gem. §§ 46 Abs. 2 S. 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Dem Kläger war Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich zu bewilligen.
1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht eine Einmalzahlung aus der dem Kläger gem. Ziff. 3 des Prozessvergleichs vom 19.06.2009 in Höhe von ca. 13.500,– EUR netto zufließenden Abfindung zum 15.11.2009 festgesetzt. Mit den hiergegen gerichteten Erwägungen der Beschwerde vermochte der Kläger nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu gelangen.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist auch eine im Kündigungsschutzprozess vereinbarte Abfindung als Bestandteil des Vermögens des Arbeitnehmers anzusehen und daher bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BAG, Beschluss v. 22.12.2003 – 2 AZB 23/03; LAG Düsseldorf in stdRspr., vgl. Beschluss v. 18.09.2008 – 3 Ta 477/08). Dass die Abfindung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs im Kündigungsschutzverfahren gezahlt worden ist, steht ihrem Einsatz als Vermögen grundsätzlich nicht entgegen. Aus § 120 Abs. 4 ZPO folgt, dass auch durch Prozesserfolg erworbenes Vermögen einzusetzen ist, wenn der entsprechende Geldbetrag dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossen ist (vgl. BGH v. 22.08.2001, FamRZ 2002, 1704; Kalthöhner/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und BerH, 4. Aufl., Rz. 390). Dieses Vermögen ist hingegen nur im Rahmen der Zumutbarkeit einzusetzen. Nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO gilt § 90 SGB XII entsprechend und damit § 1 b der VO zu SGB XII § 90 Abs. 2 Ziff. 9. Hiernach muss dem Kläger zunächst ein sozialhilferechtliches Schonvermögen in Höhe von 2.600,– EUR verbleiben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Be...