Entscheidungsstichwort (Thema)
Behauptung der Arbeitnehmereigenschaft begründet keine Rechtswegzuständigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein gegen eine außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses eines Geschäftsführers gerichteter Kündigungsschutzantrag, mit dem unter anderem die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 626 BGB gerügt wird, begründet für sich genommen noch keinen sog. sic-non-Fall, bei dem allein die Rechtsansicht des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses bereits wegen Doppelrelevanz die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a/b, 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begründet. Denn diese Norm gilt für Arbeitsverhältnisse nach § 611a BGB und freie Dienstverhältnisse nach § 611 BGB gleichermaßen.
2. Wird mit einem gegen eine Kündigung gerichteten Feststellungsantrag allerdings erkennbar bewusst und gewollt eigenständig die weiter beantragte Feststellung verknüpft, dass es sich bei dem gekündigten Vertragsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat, ist die Statusfrage unabhängig davon, ob der Kläger Unwirksamkeitsgründe geltend macht, die allein Arbeitsverhältnisse betreffen, doppelrelevant und begründet einen sic-non-Fall. Denn dann enthält der Antrag zwei Feststellungen, über die das Gericht mit entsprechender Rechtskraftwirkung zu befinden hat: Zum einen die, dass bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis - und nicht ein anderes Vertragsverhältnis - zwischen den Parteien vorgelegen hat und zum anderen, dass dieses durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Kehrseite dieser - den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten allein mit der Rechtsansicht des Klägers, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, eröffnenden - Antragstellung ist allerdings, dass die Klage bereits dann insgesamt als unbegründet abzuweisen ist, wenn das Gericht kein Arbeitsverhältnis der Parteien, sondern ein anderes Vertragsverhältnis annimmt; eine inhaltliche Prüfung der Kündigung findet in diesem Fall nicht mehr statt.
3. Gerade wegen dieser - oftmals selbst anwaltlich vertretenen Klägern nicht hinreichend bewussten - Auswirkungen einer Antragstellung, in der die beantragte Feststellung der Nichtbeendigung durch eine Kündigung mit der Feststellung des Vertragsverhältnisses ausdrücklich als "Arbeitsverhältnis" verknüpft wird, sowohl auf die Rechtswegprüfung als auch auf die materielle nachfolgende gerichtliche Prüfung und Entscheidung, ist selbst bei vermeintlich eindeutiger Antragstellung regelmäßig im Wege der Auslegung unter Hinzuziehung der begleitenden Umstände wie der Klagebegründung zu ermitteln, ob der Kläger damit wirklich im Kündigungsschutzantrag selbständig die zusätzliche Feststellung wünscht, dass das Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist. Soweit Antragswortlaut und -begründung nicht in jeder Hinsicht zweifelsfrei den Schluss zulassen, es werde wirklich eine doppelte Feststellung (Feststellung eines Arbeits- statt generell eines Vertragsverhältnisses und Feststellung der Nichtbeendigung desselben durch eine bestimmte Kündigung) mit entsprechender Rechtskraftwirkung durch das Gericht erstrebt, wird das Gericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Rahmen seiner Verpflichtung zum Hinwirken auf eine sachdienliche Antragstellung auf die Zweifel hinsichtlich der Auslegung der gestellten Anträge und auf die mögliche Folge einer Antragstellung im Sinne einer doppelten und damit dann auch doppelrelevanten Feststellung hinzuweisen haben.
4. Im Übrigen Einzelfallentscheidung zur Rechtswegbestimmung bei einer Kündigungsschutzklage eines Geschäftsführers gegen mehrere fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigungen seines Geschäftsführeranstellungsvertrages und zur Arbeitnehmereigenschaft eines Fremdgeschäftsführers (hier verneint).
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG §§ 2, 5; ZPO §§ 12, 17, 29, 139, 567; BGB §§ 611, 611a
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.07.2019; Aktenzeichen 16 Ca 1237/19) |
Tenor
I.
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 07.08.2019 gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.07.2019 - Az.: 16 Ca 1237/19 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.09.2019 wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 13.176,- € festgesetzt.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung und zugleich Abberufungsmitteilung als Geschäftsführer durch Schreiben der Beklagten vom 15.02.2019 sowie durch die weitere fristlose Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 16.07.2019 und in diesem Zusammenhang vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.
Der am 31.10.1965 geborene Kläger war bei der Beklagten, die erst im Jahr 2018 gegründet wurde und ihren Sitz in C. hat, seit dem 01.09.2018 auf der Grundlage des schriftlichen "Geschäftsführerdienstvertrages" vom 30.05.2018, wegen dessen Inhalts auf Blatt 50 ff. der Akte Bezug ...