Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Beschwer für arbeitsgerichtliche Beschwerde gegen festgesetzte Gebühren des sich selbst vertretenden Rechtsanwalts in erster Instanz. Keine Wertaddition bei gleichem Gegenstand von Klage und Widerklage. Keine Werterhöhung bei bloßer Abwehr von Ansprüchen mit der Widerklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Widerklagend erhobene Auskunftsansprüche, die allein der Abwehr der Klageansprüche dienen (hier: Verzugslohnforderungen), verfolgen kein von der Klageforderung unabhängiges, eigenständiges Vermögensinteresse. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG entspricht der Wert von Klage und Widerklage daher stets dem Wert der Klage.

2. Zu einer Streitwertbeschwerde gemäß § 68 Abs. 1 GKG gegen die Wertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteil.

3. Zur Beschwer gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG des sich selbst vertretenden Rechtsanwalts im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren erster Instanz.

 

Normenkette

ArbGG § 45 Abs. 1 S. 3, §§ 63, 68; BGB § 615; ArbGG § 12a Abs. 1; GKG § 45 Abs. 1, § 63 Abs. 2 S. 2, § 68 Abs. 1; RVG § 23 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.11.2022; Aktenzeichen 10 Ca 2629/22)

 

Tenor

Die Beschwerde des klagenden Rechtsanwalts gegen die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts im Urteil vom 03.11.2022 - 10 Ca 2629/22 - in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 21.04.2023 wird zurückgewiesen.

Der Teilabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 21.04.2023 wird von Amts wegen abgeändert und der Streitwert für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren auf 20.703,00 Euro festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Wertfestsetzung für das arbeitsgerichtliche Verfahren.

Mit der Klage hat der Kläger, ein selbstständiger Rechtsanwalt, von der Beklagten, bei der er als Arbeitnehmer und Syndikusanwalt beschäftigt ist und von der er die unwiderrufliche Einwilligung in eine selbstständige nebenberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt ohne zeitliche Einschränkungen erhalten hat, Verzugslohn aus dem Arbeitsverhältnis für die Monate April bis Juni 2022 in Höhe von 3 x 6.901,00 Euro verlangt. Die Beklagte hat gegenüber der Verzugslohnklage ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt und widerklagend Auskunftsansprüche erhoben über die vom Kläger während des Verzugszeitraums angenommenen oder ihm angetragenen Mandate, deren jeweiliges Stadium sowie die Höhe der erzielten bzw. zu erwartenden oder erzielbaren Vergütung. Die Widerklage diente der Abwehr von Verzugslohnansprüchen wegen anderweitig erzielten bzw. böswillig unterlassen Erwerbs.

Das Arbeitsgericht hat im Urteil vom 03.11.2022 der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Den Streitwert hat es im Urteil auf den Betrag der Klage (20.703,00 Euro) festgesetzt und darauf hingewiesen, dass die Widerklage wegen wirtschaftlicher Identität mit der Klage keinen eigenen Wert habe und die Streitwertfestsetzung im Urteil zugleich die Festsetzung des Gerichtsgebührenwerts iSv. § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG darstelle.

Die am 26.12.2022 eingegangenen Beschwerde des Klägers, der sich im Rechtsstreit als Rechtsanwalt selbst vertreten hat, wendet sich gegen die Wertfestsetzung im Urteil. Sie macht geltend, dass die Widerklage auf Erteilung der Auskünfte zusätzlich zu der Klage zu berücksichtigen sei. Da die widerklageweise begehrten Auskünfte auf die Abwehr der Klageforderung gezielt hätten, sei für sie ein Wert in gleicher Höhe wie für die Klageanträge anzusetzen, mithin insgesamt für das Verfahren ein Streitwert von 41.406,00 Euro, hilfsweise jedoch unter Rückgriff auf den Auffangwert von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG für jeden der vier Widerklage-Auskunftsansprüche (4 x 5.000,00 Euro) ein Wert von 40.730,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat mit dem Beschluss vom 24.01.2023 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert auf 24.843,60 Euro festgesetzt. Dabei hat es abweichend von seiner Ausgangsentscheidung die Widerklage gesondert bewertet, da ein Additionsverbot iSv. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen wirtschaftlicher Identität von Klage und Widerklage nicht eingreife. Bei Stattgabe des Auskunftsanspruchs und dem Ergebnis, dass der Kläger keinerlei Zwischenverdienst erzielt oder böswillig zu erzielen unterlassen habe, wäre nämlich sowohl der Auskunftswiderklage als auch der Verzugslohnklage stattgegeben worden. Es liege daher nicht so, dass das Gericht gemäß der Formel der Rechtsprechung nicht gleichzeitig Klage und Widerklage stattgeben könne. Den Wert der Widerklageanträge auf Auskunft hat es mit 20 % des Werts der Klageanträge bemessen, deren Abwehr die Auskunft diente.

Die weitergehende Beschwerde hat es zurückgewiesen und der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde dürfte unzulässig sein, jedenfalls ist sie unbegründet. Zugleich war von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG der vom Arbeitsgericht im Teilabhilfebeschluss vom 24.01.2023 auf 24.843,60 Euro für das Verfahren festgesetzte Wert abzuändern und der Gerichtsgebührenwert - wie im Urteil des Arbeitsgerichts - auf 20.703,00...

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