Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Betriebsratswahl. Prüfungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Wahlvorstand hat gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 WO die Pflicht, eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich nach Eingang zu prüfen. Am letzten Tag der Einreichungsfrist ist regelmäßig eine kurzfristige Prüfung auf erkennbare Mängel angezeigt.

2. Die Kenntnis des Wahlvorstandsvorsitzenden ist dem Wahlvorstand als Gremium entsprechend § 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG zuzurechnen.

 

Normenkette

BetrVG § 19; WO § 7 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 28.07.2010; Aktenzeichen 4 BV 80/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.07.2012; Aktenzeichen 7 ABR 21/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligen zu 4. und 5. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.07.2010, Az.: 4 BV 80/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Anfechtung einer Betriebsratswahl.

Am 22.04.2010 wurde bei der Beteiligten zu 5, der Arbeitgeberin, eine Betriebsratswahl durchgeführt. Die Arbeitgeberin hat zwei Betriebe: Einen in M. mit ca. 40 Mitarbeitern sowie einen weiteren in E./L. mit insgesamt ca. 100 Mitarbeitern. Von diesen sind ca. 50 Mitarbeiter im Lager L. und 4 im Lager B. eingesetzt.

Der Beteiligte zu 4 ist der für den Betrieb E. (einschließlich Lager) gewählte Betriebsrat. Der Betriebsrat hatte vor der Wahl die Mitarbeiter S., L. und X. in den Wahlvorstand bestellt. Zum Vorsitzenden des Wahlvorstands wurde der Zeuge S. berufen.

Am 10.03.2010 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben für die Wahl am 22.04.2010 (Bl. 19 f. d.A.). Darin heißt es auszugsweise, dass der letzte Tag für die Einreichung von Vorschlagslisten der 24.03.2010, 16.00 Uhr, ist. Im Ausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 4 BetrVG mindestens fünf Stützunterschriften voraussetzt.

Die drei Antragsteller sind im Betrieb E. bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1 war der Listenführer der Vorschlagsliste „X.” (Bl. 21 ff. d.A.). Zudem war er bereits früher Betriebsratsvorsitzender sowie Wahlvorstandsmitglied.

Noch unter dem 12.03.2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Mitarbeiter S., Da T. und C. als Kandidaten ein. Sie leisteten zugleich ihre Stützunterschriften zugunsten der Liste X.. Anschließend sammelten die Antragsteller zu 1 und 3 sowie der Kandidat Da T. Stützunterschriften. Am 17.03.2010 wurden die Mitarbeiter B., U. und L. als Kandidaten auf die Liste genommen, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt bereits Stützunterschriften auf der Liste befanden. Es wurden auch weitere Stützunterschriften gesammelt. Strittig ist, ob insgesamt weitere fünf Stützunterschriften eingetragen worden sind.

Am 24.03.2010 reichte der Antragsteller zu 1 die Liste X. gegen 14.10 Uhr beim Wahlvorstand ein (vgl. Bestätigung Bl. 24 d.A.). Sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands waren zu diesem Zeitpunkt anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands, Fr. X., las den Wahlvorschlag bereits bei Abgabe und hielt dem Antragsteller zu 1 vor, der Kandidat L. könnte erst im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da dieser erst am 16.03.2010 wieder zur Arbeit erschienen sei. Ob der Antragsteller zu 1 die Zweifel ausgeräumt hat oder ob Fr. X. ihn unmittelbar darauf angesprochen hat, dass die Liste zunächst nur sechs Namen enthalten habe, ist zwischen den Beteiligten strittig.

Die Mitglieder des Wahlvorstands L. und X. reichten zwei Minuten später eine eigene Liste ein (vgl. Bestätigung Bl. 25 d.A.). Der Wahlvorstandvorsitzende, selbst Mitglied der Liste X., setzte die Prüfung der Listen für den 25.03.2010, 10.00 Uhr, an.

Zwei Mitarbeiter, E. und N., hatten beide Listen mit ihrer Unterschrift unterstützt. Auch die Mitarbeiter U., L. und T. leisteten für beide Listen Stützunterschriften.

Am 25.03.2010 prüfte der Wahlvorstand dann die eingereichten Listen. Der Wahlvorstand kam bei der Liste X. zunächst zum Ergebnis, dass ein heilbarer Mangel vorliege. Dies teilte er dem Antragsteller zu 1 mit Schreiben vom 25.03.2010 (Bl. 26 d.A.) unter der Angabe „Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner” mit und setzte ein Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 30.03.2010, 16.00 Uhr. Im Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010 (Bl. 114 d.A.) heißt es auszugsweise:

„Herrn P. anschreiben wegen heilbaren Mangel (nicht korrekt abgeschlossene Bewerberliste)…”

Am 26.03.2010 hielt der Wahlvorstand eine weitere Sitzung ab (vgl. Protokoll Bl. 116 d.A.). Er kam nunmehr zu dem Ergebnis, dass es sich um keinen heilbaren Mangel handele. Dies teilte er mit Schreiben vom 26.03.2010 (Bl. 27 d.A.) auch dem Antragsteller zu 1 mit und widerrief seinen Beschluss vom Vortag. Mit Schreiben vom 29.03.2010 (Bl. 28 d.A.) widersprach der Antragsteller zu 1 und teilte mit, er werde bis zum 30.03.2010 eine neue Liste einreichen.

Am 30.03.2010 überreichte der Antragsteller zu 1 eine neu erstellte Liste (Bl. 29 ff. d.A.), die u.a. acht statt neun Kandidaten vorsah...

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