Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Abfindung aus beendetem Arbeitsverhältnis bei Prozesskostenhilfe. Unzumutbarkeit der Abfindung als einzusetzendes Vermögen bei Prozesskostenhilfe. Keine Erhöhung des Schonvermögens durch Kosten der Stellensuche
Leitsatz (amtlich)
1. Nach zutreffender Auffassung und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG (vgl. insbesondere BAG v. 24.06.2006 - 3 AZB 12/05, juris) ist die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 3 ZPO. Dieses ist einzusetzen, soweit dies zumutbar ist und die Abfindung tatsächlich gezahlt wurde. Der Umstand, dass die Abfindung - wie im vorliegenden Fall - nach einem Kündigungsschutzprozess auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs gezahlt worden ist, steht ihrem Einsatz als Vermögen grundsätzlich nicht entgegen. Aus § 120 a Abs. 3 ZPO folgt, dass auch durch Prozesserfolg erworbenes Vermögen einzusetzen ist, wenn der entsprechende Geldbetrag der Partei tatsächlich zugeflossen ist. 2. Gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII hat der Partei ein sog. "Schonvermögen" in Höhe von 5.000,00 € zu verbleiben. Eine Erhöhung des Schonbetrages durch einen Pauschalbetrag zur Stellensuche in Höhe von 2.600,00 € kommt entgegen der früher von der Beschwerdekammer des LAG Düsseldorf vertretenen Rechtsauffassung nicht in Betracht. Neben dem "Schonvermögen" gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 5.000,00 € ist kein weiterer Freibetrag zu berücksichtigen. Eine Erhöhung des Schonbetrages kommt nach der Anhebung der Vermögensfreibeträge von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe auf 5.000,00 € nicht in Betracht Eine solche Verfahrensweise würde der gesetzlichen Regelung des § 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach auch das durch die Rechtsverfolgung Erlangte für die Verfahrenskosten einzusetzen ist, zuwider laufen (Anschluss an LAG Köln v. 24.05.2018 - 9 Ta 22/18, juris).
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; BSHG§88Abs2DV 1988 § 1; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Entscheidung vom 07.01.2021; Aktenzeichen 1 Ca 1132/20) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.01.2021 - 1 Ca 1132/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit der angefochtenen Entscheidung vom 07.01.2021, die der Partei am 07.01.2021 zugestellt wurde und gegen die am 11.01.2021 sofortige Beschwerde eingelegt wurde, ordnete das Arbeitsgericht hinsichtlich der durch Beschluss vom 07.08.2020 ohne Zahlungsbestimmung bewilligten Prozesskostenhilfe an, dass die der Partei gestundeten Kosten in einer Höhe von 1.388,62 € in einer Summe am 15.02.2021 der Landeskasse zu erstatten sind.
Die Partei erhob mit ihrer am 22.06.2020 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 29.06.2020 zugestellten Klage eine Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hatte der Partei insoweit zunächst auf ihren Antrag aus der Klageschrift vom 22.06.2020 durch den Beschluss vom 07.08.2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt N. bewilligt. Diese Bewilligung erfolgte mit der Maßgabe, dass kein eigener Beitrag zu leisten ist.
Im Gütetermin vom 21.07.2020 schloss die Partei mit der Arbeitgeberin sodann einen widerruflichen Vergleich. Die Parteien verständigten sich auf die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2020. In Ziffer 2 dieses Vergleiches regelten sie die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.500,00 €. Ein Widerruf erfolgte nicht, so dass der Vergleich bestandskräftig wurde.
Mit Schreiben vom 19.08.2020 bat das Arbeitsgericht die Partei gem. § 120 a ZPO darum, die Höhe der tatsächlich ausgezahlten Abfindung nachzuweisen. Zugleich wies das Arbeitsgericht in diesem Schreiben darauf hin, dass alle den Schonbetrag von 5.000,00 € übersteigenden Beträge zur Tilgung der Prozesskosten zu verwenden seien.
Mit Schreiben vom 23.12.2020 übermittelte die Partei die Lohnabrechnung für Dezember 2020. Aus dieser Lohnabrechnung ergab sich, dass der Partei die Abfindung mit der Lohnabrechnung für Dezember ausgezahlt worden ist. Dabei führte sie auf die Abfindungssumme in Höhe von 8.500,00 € Lohnsteuer in Höhe von 1.844,00 €, Solidaritätszuschlag in Höhe von 101,42 € und Kichensteuer in Höhe von 165,96 € ab. Insgesamt verblieb der Partei damit eine Abfindung in Höhe von 6.388,62 €.
Durch Beschluss vom 07.01.2021, zugestellt am 07.01.2021, ordnete das Arbeitsgericht an, dass die Partei die ihr gestundeten Kosten in Höhe von 1.388,62 € in einer Summe am 15.02.2021 der Landeskasse zu erstatten habe. Das Arbeitsgericht wies in diesem Beschluss darauf hin, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei gem. § 120a Abs. 4 ZPO durch die Zahlung der Abfindung wesentlich verbessert hätten. Durch den Zufluss der Abfindung sei diese als Bestandteil des Vermögens zu berücksichtigen. Da ...