Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe und einzusetzendes Vermögen nach Erhalt einer Abfindung im Falle der Arbeitslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist einzusetzendes Vermögen nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Nach der Erhöhung des Schonvermögens für Ledige auf 5.000,00 EUR bleibt der zusätzlich im Falle der Arbeitslosigkeit typisierend zu berücksichtigende weitere Betrag mit 2.600,00 EUR anzusetzen. Eine Erhöhung auf 5.000,00 EUR findet nicht statt (wie LAG Schleswig-Holstein 30.08.2018 - 4 Ta 96/18).
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; DVO zu SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; ZPO §§ 120a, 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 23.10.2018; Aktenzeichen 9 Ca 6464/17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.10.2018, Az. 9 Ca 6464/17, aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Parteien stritten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Weiterbeschäftigung und Zeugniserteilung.
Mit Beschluss vom 05.02.2018 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe für die 1. Instanz für Verfahren und Vergleich ohne Ratenzahlung.
Das Verfahren endete durch gerichtlich festgestellten Vergleich vom 20.02.2018. Darin einigten sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2018 und die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.000,00 € brutto.
Mit Beschluss vom 13.03.2018 setzte das Arbeitsgericht den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf 6.092,00 €, den überschießenden Vergleichswert auf 1.532,00 € fest.
Mit Beschluss vom 01.04.2018 setzte das Arbeitsgericht die der Klägerinvertreterin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 1.219,16 € fest.
Mit Schreiben vom 06.08., 05.09. und 02.10.2018 wurde die Klägerin um Mitteilung gebeten, ob und welcher Höhe die Abfindung zur Auszahlung gelangt ist. Da die Klägerin auf keines der Schreiben antwortete, hob das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23.10.2018, zugestellt am 29.10.2018, die der Klägerin bewilligte Prozesskostenhilfe wegen Nichtauskunft gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf.
Hiergegen legte die Klägerinvertreterin mit Schreiben vom 19.11.2018, per Telefax am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde ein und sicherte die umgehende Einreichung der Unterlagen zu.
Mit Beschluss vom 04.03.2019 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur weiteren Entscheidung vor, da die Klägerin trotz mehrfacher Fristverlängerung keine Erklärung darüber abgegeben hat, ob die Abfindung bereits zur Auszahlung gelangt ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss verwiesen (Bl. 46 d.A.).
Mit Schreiben vom 18.03.2019 teilt die Klägervertreterin mit, die Klägerin sei davon ausgegangen, dass die im Parallelverfahren 10 Ca 5271/14 abgegebenen Erklärungen ausreichend seien. Nach Gewährung einer weiteren Schriftsatzfrist bis zum 08.04.2019 übermittelte die Klägerin mit am 11.04.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schreiben eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und teilte mit, dass sie Mitte Juli 2018 ca. 12.000,00 € aus der Abfindung erhalten habe und hiervon die Schulden bei den Eltern beglichen habe (Bl. 59 d.A.). Ausweislich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27.10.2017 betrugen die Schulden gegenüber ihren Eltern ca. 5.500,00 €, nach der Erklärung vom 05.04.2019 noch 1.450,- €. Angaben zur Rückzahlungsverpflichtung (Fälligkeit, Raten etc) machte die Klägerin nicht. Aus der ebenfalls vorgelegten Abrechnung vom März 2019 ergibt sich, dass die Klägerin in einem neuen Arbeitsverhältnis steht und Entgelt in Höhe von 1406,02 € netto erhalten hat.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Arbeitsgericht.
1. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 120 a i.V.m. § 124 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative ZPO zu Recht aufgehoben, da die Klägerin im Hinblick auf die im Vergleich vereinbarte Abfindung keine genügende Erklärung nach § 120 a Abs. 1 S. 3 ZPO abgegeben hat.
2. Im Beschwerdeverfahren kann das ursprünglich fehlende Vorbringen noch nachgeholt werden. Dies hat die Klägerin nunmehr zum Teil getan. Allerdings wird das Arbeitsgericht noch näher zu überprüfen haben, inwieweit insbesondere die behaupteten Schulden gegenüber den Eltern und deren Tilgung zutreffend sind und entsprechende Belege einfordern müssen. Erst dann kann entschieden inwieweit der Klägerin der Einsatz der erhaltenen Abfindung, deren genaue Höhe ebenfalls noch belegt werden sollte, als Vermögen zumutbar ist. Im Hinblick auf das nunmehr erzielte Einkommen der Klägerin kommt möglicherweise auch eine Ratenzahlung in Betracht.
3. Im Hinblick auf den Einsatz der...