Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Rückkaufwert einer Lebensversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Regelmäßig zählt der Rückkaufswert einer Lebensversicherung zum verwertbaren Vermögen, soweit dieser das sog. Schonvermögen übersteigt. Anderes gilt im Einzelfall, soweit sich eine Auflösung des noch nicht fälligen Lebensversicherungsvertrags als nicht zumutbar darstellt.
2. Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII muss Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge i.S.v. § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient, nicht eingesetzt werden, wenn seine Ansammlung staatlich gefördert wurde „Riester-Rente”).
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 31.08.2009; Aktenzeichen 6 Ca 4501/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 31.08.2009 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.
I. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten aufgrund vorhandenen Vermögens des Klägers zurückgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde vermochte der Kläger nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Prozesskostenhilfeentscheidung zu gelangen.
1. Gem. § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist. Hierbei gilt gem. § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO die Regelung des § 90 SGB XII entsprechend. Einzusetzen ist somit das gesamte verwertbare Vermögen i.S. von § 90 Abs. 1 SGB XII.
Der Kläger verfügt über eine Lebensversicherung bei der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG. Der Rückkaufswert betrug zum 01.11.2009 ausweislich des Schreibens der Versicherung vom 17.09.2009 16.676,29 EUR (Bl. 27, 28 PKH-Beiheft).
Regelmäßig zählt der Rückkaufswert einer Lebensversicherung zum verwertbaren Vermögen, soweit dieser das sogenannte Schonvermögen übersteigt (vgl. BAG, Beschluss v. 25.11.2008 – 3 AZB 55/08, juris; BAG, Beschluss v. 05.05.2006 – 3 AZB 62/04, AP Nr. 6 zu § 115 ZPO; BVerfG v. 19.12.1997, NJW 1998, 1879; OLG Köln, FamRZ 2004, 382). Anderes gilt im Einzelfall, soweit sich eine Auflösung des noch nicht fälligen Lebensversicherungsvertrages als nicht zumutbar darstellt (vgl. insoweit: OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 598; OLG Köln, NJW-RR 2001, 644; Kalthöhner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl., Rz. 256 und 327 m.w.N.).
a) Dem Rückgriff auf die Lebensversicherung steht vorliegend § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nicht entgegen. Hiernach muss Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge i.S. des § 10 a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient, nicht eingesetzt werden, wenn seine Ansammlung staatlich gefördert wurde („Riester-Rente”).
Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII sind im Entscheidungsfall nicht erfüllt; der Kläger hat einen gesetzlich geförderten Altersvorsorgevertrag nicht abgeschlossen.
b) Auch steht dem Rückgriff auf die Lebensversicherung vorliegend die gesetzliche Regelung in § 90 Abs. 3 SGB XII nicht entgegen. Hiernach ist eine Partei zum Einsatz ihres Vermögens dann nicht verpflichtet, wenn dies eine „Härte” bedeutet. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn hierdurch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert wird.
Über die Anwendung des § 90 Abs. 2 SGB XII hinaus können von daher auch weitere Vermögensteile zum Schonvermögen gehören. § 90 Abs. 3 S. 1 u. 2 SGB XII wiederholen den Zumutbarkeitsgesichtspunkt des § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO und konkretisieren ihn. Mit dieser Regelung wird der Aufbau einer angemessenen, nicht staatlich geförderten Lebensversicherung gesichert.
Von einer angemessenen Altersversorgung ist nach der Rechtsprechung auszugehen, wenn die Partei ihren Lebensunterhalt bei Erreichen des Rentenalters voraussichtlich ohne Inanspruchnahme von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt bestreiten kann (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 11.05.2005 – 2 WF 51/05, FamRZ 2005, 1917; OLG Stuttgart, Beschluss v. 31.07.2009 – 11 WF 147/09; OLG München, Beschluss v. 27.01.2009 – 33 Wx 197/08; vgl. auch Sächsisches LAG, Beschluss v. 27.09.2005 – 4 Ta 163/05 – juris; LAG Köln, Beschluss v. 27.05.2009 – 9 Ta 199/09).
Dass die Lebensversicherung bei der Hamburg-Mannheimer erkennbar im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung (vgl. auch LAG Berlin/Brandenburg, Beschluss v. 04.01.2007 – 2 Ta 2161/06; Kalthöhner/Büttner/Wrobel-Sachs, Rz. 327) der Alterssicherung des Klägers diente, war vorliegend nicht festzustellen und ist auch substantiiert vom Kläger nicht dargetan. Der Hinweis, es sei geplant, die Lebensversicherung nach Ablauf ihrer Laufzeit in eine Rentenversicherung umzuwandeln, führt als solches nicht bereits weiter. Dass die Lebensversicherung dem Kläger zur Alterssicherung diente, ist nicht ersichtl...