Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit einer vom Betriebsrat angerufenen Eingungsstelle betreffend die regelmäßige Anpassung der gezahlten Vergütungen
Leitsatz (amtlich)
Bietet der Arbeitgeber an, sich zu jährlichen Gehaltsanpassungen nach einem bestimmten Schema zu verpflichten, und knüpft er dies an die Bedingung einer unternehmensweiten Regelung, so begründet dies die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung, da der Arbeitgeber zwar auch bei einer fehlenden Tarifbindung zur Zahlung einer Vergütung, nicht aber zu deren regelmäßiger Anpassung verpflichtet ist.
Normenkette
BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 04.12.2015; Aktenzeichen 1 BV 138/15) |
Tenor
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine vom Betriebsrat angerufene Einigungsstelle sich zu Recht für unzuständig erklärt hat.
Die Beteiligte zu 2.) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Tochterunternehmen der F. Gruppe, die ein globaler Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz- und Mobilfunkbereich ist. Eine Tarifbindung der Arbeitgeberin besteht nicht. Sie unterhält in Deutschland vier Betriebe: Den Betrieb West am Sitz in E. mit ca. 550 Arbeitnehmern sowie die Betriebe in G. (ca. 60 Mitarbeiter), I. (ca. 500 Mitarbeiter) und C. (ca. 120 Mitarbeiter). In sämtlichen Betrieben sind Betriebsräte gewählt. Antragsteller und Beteiligter zu 1.) ist der Betriebsrat des Betriebes West (im Folgenden nur: Betriebsrat). Beteiligter zu 3.) ist der im Unternehmen gebildete Gesamtbetriebsrat.
Unter dem Datum des 08.10.2012 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Eingruppierung und Gehaltsentwicklung". Diese beinhaltete Regelungen über eine Vergütungsstruktur einschließlich Mindestvergütungen und jährlichen Gehaltsanpassungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 1 zur Antragsschrift (Bl. 16 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin kündigte die Gesamtbetriebsvereinbarung im Jahr 2013 und nahm anschließend Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat auf, mit dem Ziel, die bisherigen Regelungen durch Neuregelungen zu ersetzen. Der Gesamtbetriebsrat erhielt von den Betriebsräten in G., C. und B. eine Verhandlungsvollmacht, nicht jedoch von dem E-er Betriebsrat. Unter dem Datum des 18.10.2013 wurden zwei Gesamtbetriebsvereinbarungen vereinbart, welche die gekündigte Gesamtbetriebsvereinbarung vom 08.10.2012 ersetzen sollten: Zum einen die "Gesamtbetriebsvereinbarung Karriere- und Kompetenzmodell" (Anlage KV 28, Bl. 428 ff. d.A.), zum anderen die "Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsfindung und -überprüfung (Anlage KV 27, Bl. 410 ff. d.A.).
Der Betriebsrat legte der Arbeitgeberin einen auf den 15.01.2014 datierten Entwurf zum Abschluss einer örtlichen Betriebsvereinbarung "Eingruppierung und Gehaltsentwicklung" vor, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage 9b (Bl. 47 ff. d.A.) verwiesen wird. Die Arbeitgeberin war zu einem Abschluss auf örtlicher Ebene nicht bereit. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren zur Bestellung einer Einigungsstelle ein, in welchem er mit der Arbeitgeberin unter dem Datum des 28.05.2014 einen Vergleich schloss, der u.a. folgende Regelung beinhaltete:
"1. Herr Olaf Klein, Direktor des Arbeitsgericht Krefeld, wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, die über die Neuregelung der gekündigten Gesamtbetriebsvereinbarung Eingruppierung und Gehaltsentwicklung, insbesondere über die vom Antragsteller der Antragsgegnerin neu vorgeschlagene Betriebsvereinbarung Eingruppierung und Gehaltsentwicklung entscheiden soll, bestellt.
..."
Die einberufene Einigungsstelle tagte daraufhin am 22.04.2015. Sie endete damit, dass das Einigungsstellenverfahren auf Antrag der Arbeitgeberin im zweiten Abstimmungsgang mit 4:3 Stimmen mangels Zuständigkeit eingestellt worden ist. Dem Protokoll der Sitzung lässt sich entnehmen, dass der Vorsitzende zuvor darauf hingewiesen hat, nach seiner Ansicht sei der Betriebsrat nicht zuständig, da eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats vorläge. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das als Anlage 15 zur Gerichtsakte gereichte Protokoll (Bl. 139 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, der Einigungsstellenspruch sei unwirksam. Das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG stehe nicht dem Gesamtbetriebsrat, sondern ihm zu. Soweit der Vorsitzende der Einigungsstelle darauf hingewiesen habe, sowohl der Betriebsvereinbarungsentwurf v. 15.01.2014 als auch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 08.10.2012 enthielten freiwillige Regelungen, bei denen die Arbeitgeberin mitbestimmungsfrei entscheiden könne, ob sie unternehmenseinheitlich erbracht werden sollten oder nicht, vermöge dies nicht zu überzeugen. Es handle sich nicht um freiwillig...