Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat. Schriftform

 

Leitsatz (amtlich)

Die gemäß § 29 Satz 1 WODrittelbG für die Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat einzureichenden Wahlvorschläge sowie die Einverständniserklärungen und die dazu gehörigen Stützunterschriften müssen dem Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB entsprechen.

 

Normenkette

WODrittelbG § 29 S. 1; BGB § 126 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Beschluss vom 05.06.2007; Aktenzeichen 5 BV 8/07 lev)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 15.01.2007.

Die Beteiligte zu 7 betreibt ein Unternehmen zur Anarbeitung und Weiterveräußerung sowie zum Vertrieb von Stahlerzeugnissen. Sie beschäftigt an sieben Standorten 544 Arbeitnehmer. An den Standorten M., N., C./E., S., C. und M. besteht jeweils ein Betriebsrat. Das Unternehmen unterliegt den Mitbestimmungsrechten in Form des DrittelbG vom 18.05.2004.

Im Unternehmen wurde entsprechend des DrittelbG und der dazu ergangenen Wahlordnung im Jahre 2005 eine Aufsichtsratswahl der Arbeitnehmer durchgeführt. Nachdem diese Wahl erfolgreich angefochten worden war, wurde unter Bildung eines Unternehmenswahlvorstandes am 30.11.2006 ein Wahlausschreiben gemäß § 28 WO zum DrittelbG erlassen, wonach als Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge der 14.12.2006, 12.00 Uhr, angegeben war.

Der Antragsteller, der N. Betriebsrat, erteilte in seiner Sitzung am 13.12.2006 seinem Vorsitzenden, Herrn T. T., ein Direktmandat. Per E-Mail vom 13.12.2006 übersandte die Wahlvorstandsvorsitzende des Antragstellers, Frau L., um 15.08 Uhr an den in M. sitzenden Unternehmenswahlvorstand den Wahlvorschlag betreffend Herrn K. C. sowie die Kandidatur des Herrn N. C. als Ersatzmitglied sowie die Liste der Unterstützerunterschriften. Die Übersendung des Wahlvorschlags, bestehend aus vier Seiten, erfolgte mit Hilfe des im Betrieb genutzten sog. „Ferrari-Fax” (unternehmensübliche Faxkommunikation ohne Nutzung des Telefonnetzes – als Anhang in einer E-Mail). Das Einverständnis beider Kandidaten war nicht beigefügt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Mitglieder des Unternehmenswahlvorstandes nicht mehr erreichbar.

Am 14.12.2006 erreichte den Unternehmenswahlvorstand eine um 10.59 Uhr abgesandte E-Mail des Antragstellers, die den Vorschlag betreffend Herrn T. nebst dessen Einverständniserklärung enthielt. Am Vormittag des gleichen Tages erhielt der Unternehmenswahlvorstand per E-Mail die Einverständniserklärungen der Kandidaten K. und N. C..

Um 11.40 Uhr am 14.12.2006 übersandte Frau L., die Wahlvorstandsvorsitzende des Antragstellers, den Wahlvorschlag K. C., bestehend aus dem Wahlvorschlag selbst, den Zustimmungserklärungen sowie den Sützunterschriftenlisten wiederum per Ferrari-Fax an den Unternehmenswahlvorstand. Den Wahlvorschlag mit dem Kandidaten T. übersandte Frau L. am 14.12.2006 um 11.48 Uhr über das Ferrari-Fax wiederum per E-Mail samt der Faxanlage Wahlvorschlag an den Unternehmenswahlvorstand.

Kurz vor Fristende am 14.12.2006 um 12.00 Uhr fand zwischen dem Unternehmenswahlvorstandsvorsitzenden, den Teilnehmern an der Betriebswahlvorstandssitzung des Antragstellers sowie den sodann anwesenden Betriebsratsmitgliedern ein Telefonat statt, dessen Inhalt zwischen den Beteiligten streitig ist.

Am 18.12.2006 teilte der Unternehmenswahlvorstand dem Antragsteller mit, dass die von diesem eingereichten Wahlvorschläge nicht fristgerecht und nicht schriftlich eingereicht worden seien. Danach fand am 15.01.2007 die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat ohne die vorgeschlagenen Kandidaten des Werkes N. statt, deren Ergebnis am 24.01.2007 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Gewählt wurden die Beteiligten zu 2 bis 5.

Mit dem am 02.02.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat angefochten.

Der Antragsteller hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Der Unternehmenswahlvorstand habe seine Wahlvorschläge zu Unrecht zurückgewiesen. Diese seien per E-Mail vor Ablauf der Frist beim Unternehmenswahlvorstand eingereicht worden. Dabei sei es unerheblich, dass diese den Unternehmenswahlvorstand nicht im Original erreicht hätten, da die strenge Schriftform des § 126 BGB auf Wahlvorschläge nicht anwendbar sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass an die E-Mails im Anhang weitere Schriftstücke verbunden gewesen seien, die wie ein Fax übertragen worden seien. Des Weiteren habe der Unternehmenswahlvorstandsvorsitzende in dem Telefonat kurz vor Ende der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge mitgeteilt, dass die kompletten Wahlvorschläge rechtzeitig eingegangen seien. Schließlich hätte der Unternehmenswahlvorstand ihm – dem Antragsteller – eine Nachfrist setzen müssen. Die Einhaltung der strengen Schriftform in Unternehmen, die aus mehreren betrieblichen Niederlassungen bestehen würden, bedeute eine erhebliche Verkürzung der 14-Tages-Frist zur Einreichung von Wa...

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