Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit für Klagen des in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG genannten Personenkreises

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtswegzuständigkeit in sog. sic-non-Fällen (erstmals BAG vom 21.3.1984, 5 AZR 320/82 = AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG Zuständigkeitsprüfung) gilt ohne Einschränkung auch für den in § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG genannten Personenkreis.

2) Das kann über § 2 Abs. 3 ArbGG zur Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen führen auch für Klagen/Anträge, die als solche keine sic-non-Fälle sind. Für die Anwendung von § 2 Abs. 3 ArbGG genügt dabei, daß die sog. Hauptklage „irgendwann” anhängig geworden ist, also auch nach der sog. Zusammenhangsklage. Daß die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für die sog. Hauptklage „nur” auf Grund der Rechtsprechung zu sic-non-Fällen anzunehmen ist, steht der Anwendung von § 2 Abs. 3 ArbGG nicht entgegen.

 

Normenkette

ArbGG §§ 2, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 28.08.1997; Aktenzeichen 9 Ca 4763/97)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom28.08.1997 abgeändert.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Beklagte.

Der Beschwerdewert wird auf 77.777,78 DM festgesetzt (zugleich Wertfestsetzung gemäß § 25 Abs. 2 GKG). Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die am 30.03.1956 geborene Klägerin war ab 01.01.1996 für die Beklagte tätig. Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).

Grundlage der Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte war ein schriftlicher „Geschäftsführervertrag” – bezeichnet auch als „Dienstvertrag” – vom 14.07.1995. Die Klägerin wird in diesem Vertrag als „stellvertretende (stv.)” Geschäftsführerin bezeichnet. Sie sollte gemäß Nr. 1 des Vertrags durch Beschluß der Gesellschafterversammlung bestellt werden. Die Kündigungsfrist für den Vertrag belief sich gemäß Nr. 2 auf sechs Monate zum Monatsende. Ansonsten war in Nr. 2 des Vertrages – wegen des Vertragsinhalts im übrigen wird auf die von der Klägerin zu den Gerichtsakten gereichte Vertragskopie Bezug genommen – folgendes bestimmt:

„Die Kündigung hat mittels eingeschriebenem Brief zu erfolgen. Von Seiten der Agentur erfolgt die Kündigung durch Mitteilung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses, ohne daß es einer formellen Einberufung der Gesellschafterversammlung durch Geschäftsführer bedarf.”

Die Klägerin wurde durch Gesellschafterbeschluß vom 28.02.1996 tatsächlich zur Geschäftsführerin bestellt und als solche am 22.05.1996 ins Handelsregister eingetragen.

Als Entgelt für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin eine Grundvergütung von 240.000,– DM brutto pro Jahr. Zusätzlich war ein mit variablen Boni zu verrechnender Mindestbonus von 40.000,– DM brutto vereinbart; die Klägerin geht davon aus, einen Gesamtbonus von mindestens 100.000,– DM brutto pro Jahr beanspruchen zu können. Schließlich hatte die Klägerin Anspruch auf Nutzung eines gesellschaftseigenen Personenkraftwagens mit einem Listenpreis von höchstens 60.000,– DM incl. Mehrwertsteuer. Die Klägerin scheint von einem Gesamtjahreseinkommen in Höhe von 400.000,– DM brutto auszugehen.

Die Klägerin teilte der Beklagten durch Schreiben vom 03.06.1997 eine tatsächlich und noch bestehende Schwangerschaft mit.

Die Beklagte kündigte durch ein der Klägerin am 23.06.1997 zugegangenes Schreiben vom selben Tag „gemäß vorliegendem Gesellschafterbeschluß vom 09. Juni 1997… den bestehenden Geschäftsführervertrag fristgerecht zum 31. Dezember 1997”. Es liegt in Zusammenhang damit das „Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 09. Juni 1997” vor, in dem festgehalten worden ist, es werde beschlossen, die Klägerin werde „von ihrem Amt als Geschäftsführerin abberufen”.

Nachdem sich die Klägerin mit ihrer am 10.07.1997 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage gegen die Kündigung vom 23.06.1997 gewandt und unter anderem das Fehlen eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses zur Kündigung beanstandet hatte, teilte die Beklagte der Klägerin durch Schreiben vom 31.07.1997 folgendes mit:

„… in Ihrer Klageschrift vom 04.07.1997 haben Sie die Auffassung geäußert, daß der ausgesprochenen Kündigung vom 23.06.1997 kein wirksamer Gesellschafterbeschluß zugrunde liegt. Wir können derzeit nicht erkennen, warum die Ihnen anläßlich der Kündigung mitgeteilten Gesellschafterbeschlüsse vom 09.06.1997 über Ihre Abberufung als Geschäftsführerin sowie über die Kündigung Ihres Anstellungsvertrages unwirksam sein sollen.

Für den Fall, daß sich dennoch herausstellen sollte, daß die Ihnen mitgeteilten Gesellschafterbeschlüsse einen zur Nichtigkeit führenden Formfehler aufweisen, von dem auch die Kündigung vom 23.06.1997 betroffen wäre, kündigen wir Ihnen hiermit zum 31.01.1998 erneut den Geschäftsführervertrag. Den beigefügten, dieser bedingten Kündigung zugrunde liegenden Gesellschafterbeschluß vom 30.07.1997 nehmen Sie bitte zur Kenntnis.

Wir möchten...

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