Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen. Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt nicht vor, wenn es an einer zusammengefassten Einbringung von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern in eine Betriebsstätte fehlt (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 13.08.2008, NZA-RR 2009, 255 ff.; vgl. auch Kammerurteil vom 03.11.2008 – 14 Sa 1034/08 –, LAGE Nr. 2 zu § 1 BetrVG 2001).
2. Zur institutionell einheitlichen Wahrnehmung der wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten bei Bodenabfertigungsdienstleistungen durch zwei Konzernunternehmen auf dem Gelände eines Flughafens (dabei Einsatz von Leiharbeitnehmern eines dritten Konzernunternehmens als Stammbelegschaft).
3. Eine Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn ein Beteiligter den in erster Instanz erfolgreichen Antrag erweiternd auf einen am Verfahren bisher nicht beteiligten Dritten erstreckt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 04.04.2000, NJW-RR 2000, 1114 m.w.N.).
Normenkette
BetrVG § 1 Abs. 2; ZPO § 524
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 15.01.2010; Aktenzeichen 13 BV 97/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.01.2010 – 13 BV 97/09 – abgeändert.
Der Antrag des Betriebsrats vom 30.05.2009 wird zurückgewiesen.
Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats wird ebenfalls zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A.Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 2. und 3. beteiligten Arbeitgeberinnen am Flughafen F. einen gemeinsamen Betrieb unterhalten. Mit der Anschlussbeschwerde des Betriebsrats macht dieser im Rahmen eines Hilfsantrags geltend, die Beteiligten zu 2. bis 4. verfügten dort über einen Gemeinschaftsbetrieb.
Beteiligter zu 1. war zunächst der für die Niederlassung der Beteiligten zu 2. in E. gewählte Betriebsrat. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind ebenso wie die im zweiten Rechtszug einbezogene Beteiligte zu 4. Unternehmen des B. partner-Konzerns. Die drei Unternehmen hatten zeitweise eine identische Geschäftsführung. Der damalige Personalleiter der Beteiligten zu 2., N., hatte Gesamtprokura für die einzelnen Unternehmen. Er war anfänglich sogar zum Geschäftsführer der Beteiligten zu 4. bestellt. Die Zentrale der belgischen Muttergesellschaft befindet sich in C..
Die Beteiligte zu 2., die ihren Sitz in G. hat, verfügt am Flughafen in E. über eine Niederlassung, die sich mit der Abfertigung von Verkehrsflugzeugen befasst. Es handelt sich um Flugzeuge der KLM, Air France, Aer Lingus, Iberia, Alitalia, SAS, Swiss Air, Czech Airlines und einiger Chartergesellschaften. Sie ist Inhaberin der für Bodenabfertigungsdienstleistungen erforderlichen behördlichen Lizenz und beschäftigt in E. ca.120 Arbeitnehmer, davon 34 in Vollzeit. Die Beteiligte zu 2. hat weitere Niederlassungen in N. und I..
Die Beteiligte zu 3. wurde nach Verhandlungen der Beteiligten zu 2. mit der Deutschen Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) mit Gesellschaftsvertrag vom 28.10.2008 als 100%ige Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 2. mit Sitz in E. gegründet. Zwischen den Beteiligten zu 2. und 3. bestand ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Nach dem aktuellen Handelsregisterauszug wurde der mit der Beteiligten zu 2. abgeschlossene Vertrag zum 22.11.2010 gekündigt; seit dem 20.10.2010 besteht mit der B. partner Holding Deutschland GmbH als herrschendem Unternehmen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Alleiniger Geschäftsführer der Beteiligten zu 3. ist seit dem 14.12.2009 Herr U., der früher als stellvertretender Stationsleiter der Beteiligten zu 2. in deren E. Niederlassung beschäftigt war. Die Beteiligte zu 3. übernahm nach ihrer Gründung auf dem Flughafen in E. als Subunternehmerin für die Beteiligte zu 2. die Bodenabfertigung von Flugzeugen der Lufthansa und mit ihr verbundener Luftverkehrsunternehmen (z.B. Eurowings, Lufthansa City Line, Contact Air). Sie beschäftigt derzeit ca. 260 Arbeitnehmer, darunter sind ca. 245 Leiharbeitnehmer. Die Leiharbeitnehmer werden von der Beteiligten zu 4. entsandt. Bis zur Gründung der Beteiligten zu 3. hatte auch die Beteiligte zu 2. übergangsweise Flugzeuge der Lufthansa abgefertigt und dabei Leiharbeitnehmer der Beteiligten zu 4. eingesetzt.
Die Beteiligte zu 4. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19.06.2008 als 100%ige Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 2. gegründet. Auch zwischen diesen Unternehmen bestand ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Nach dem aktuellen Handelsregisterauszug wurde dieser Vertrag ebenfalls zum 22.11.2010 gekündigt; seit dem 20.10.2010 besteht mit der B. partner Holding Deutschland GmbH als herrschendem Unternehmen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Geschäftsführer der Beteiligten zu 4. ist seit dem 21.09.2010 der bei der Muttergesellschaft in C./Belgien tätige Herr C.. Die Beteiligte zu 4. ...