Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit der Betriebsratswahl wegen Verstößen gegen das einzuhaltende Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, aber nicht nichtig, wenn der Wahlvorstand zwar die Versendung der Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe beschlossen hat, die Wahlunterlagen aber tatsächlich nicht verschickt, sondern den einzelnen Arbeitnehmern vom Wahlvorstand überreicht wurden mit der Möglichkeit der sofortigen Ausfüllung des Stimmzettels.
Normenkette
Wahlordnung § 2 Abs. 5; BetrVG § 14a
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.11.2016; Aktenzeichen 2 BV 286/16) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin und der Beteiligten zu 6. bis 31. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.11.2016 - 2 BV 286/16 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
In zweiter Instanz streiten die Beteiligten noch darüber, ob eine Anfang März 2016 durchgeführte Betriebsratswahl nicht nur infolge erfolgreicher Anfechtung unwirksam, sondern sogar nichtig ist.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Sicherheitsbranche mit etwa 60 Arbeitnehmern. Mit Unterstützung der Gewerkschaft ver.di riefen der Mitarbeiter F. L. sowie die Beteiligten zu 3) und 4) zur Wahl eines Betriebsrats auf. Am 24.02.2016 fand eine erste Wahlversammlung statt. Es wurde ein Wahlvorstand, bestehend aus den Beteiligten zu 3) bis 5), gewählt, der am selben Tag ein Wahlausschreiben erließ und eine Bewerberliste bekanntgab. Dabei wandte der Wahlvorstand das vereinfachte Wahlverfahren für Kleinbetriebe nach § 14a Abs. 1, 2, 5 BetrVG an. Für die Wahl wurde der 04.03.2016 festgelegt. Unter Nr. 14 des Wahlausschreibens vom 24.02.2016, wegen dessen vollständigem Inhalt auf die mit der Antragsschrift zu den Akten gereichte Kopie verwiesen wird, heißt es:
"Für folgende Betriebsteile und Kleinstbetriebe hat der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe beschlossen (§§ 24 Abs. 3, 31 Abs. 1 Nr. 13 WO):
Für alle Betriebsteile
Den in diesen Betriebsteilen und Kleinstbetrieben beschäftigten Wahlberechtigten werden die Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe durch den Wahlvorstand übersandt."
Tatsächlich wurden die Wahlunterlagen nicht verschickt, sondern den einzelnen Arbeitnehmern vom Wahlvorstand überreicht. Dabei wurde den Arbeitnehmern die Möglichkeit gegeben, den Stimmzettel sofort auszufüllen. In diesem Fall wurde der Umschlag mit dem Stimmzettel nach dem Wahlvorgang wieder vom Wahlvorstand mitgenommen. Weitere Einzelheiten werden von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt. Die Auszählung der Stimmen, die von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt wird, fand am 04.03.2016 statt. Eine vorschriftsmäßige Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgte nach den unbestrittenen Feststellungen des Arbeitsgerichtes nicht. Zum Vorsitzenden des Betriebsrats wurde der Beteiligte zu 3) gewählt.
Mit Antrag vom 15.03.2016 hatte die Arbeitgeberin die Betriebsratswahl angefochten, den Antrag jedoch später wieder zurückgenommen. In der Folgezeit entstanden zwischen Arbeitgeberin und dem Betriebsrat vielfältige Streitigkeiten, namentlich auch über die zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Betriebsratsarbeit. Nach einem Gespräch vom 13.07.2016 erstattete der Geschäftsführer der Beklagten Strafanzeigen u. a. wegen Erpressung gegen Herrn F. L. und die Beteiligten zu 3) bis 5).
Mit dem am 16.08.2016 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Verfahren hat die Arbeitgeberin Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl, hilfsweise Auflösung des Betriebsrats, höchst hilfsweise Ausschluss der Beteiligten zu 3) bis 5) aus dem Betriebsrat begehrt.
Sie hat vorgetragen, die Wahl leide unter so großen Mängeln, dass sie nichtig sei. Ihr Geschäftsführer sei nicht damit einverstanden gewesen, den Arbeitnehmern die Wahlunterlagen an ihren Arbeitsplatz zu bringen. Vielmehr habe er vergeblich die Versendung per Post an die jeweilige Wohnanschrift verlangt. Neben den vielfältigen Mängeln, wegen deren Details auf die Antragsschrift und die weiteren Schriftsätze der Arbeitgeberseite sowie Gliederungspunkt J. des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen wird, ergebe sich die Nichtigkeit der Wahl insbesondere aus der rechtswidrigen Wahlbehinderung und Wahlbeeinflussung durch die Mitglieder des Wahlvorstandes. Diese hätten bei der unaufgeforderten Übergabe der Unterlagen den Arbeitnehmern nicht nur gezeigt, wie sie wählen sollten, sondern auch deutlich zu verstehen gegeben, wen. In einem Fall sei der Stimmzettel sogar von einem Mitglied des Wahlvorstands ausgefüllt worden. Darüber hinaus sei die Wahl von den Beteiligten und 3) bis 5) sowie dem Mitarbeiter F. L. mit dem erpresserischen Motiv durchgeführt worden, den Geschäftsführer mit der Verursachung hoher Kosten durch die Wahrnehmung von Betriebsratsarbeit und Geltendmachung (teilweise) nicht bestehender Rechte dazu zu bringen, ihnen für die Niederlegung des Mandats und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hohe Abfindungen zu zahlen.
Die Arbeitg...