Entscheidungsstichwort (Thema)
5000 Euro Streitwert regelmäßig bei Zustimmungsersetzungsverfahren. Reduzierter Streitwert bei kurzfristigen Maßnahmen. Teilzeitbeschäftigung ohne mindernde Wirkung auf den Streitwert. Reduzierung des Streitwertes bei Massenanträgen anhand eines Streitwertkataloges
Leitsatz (amtlich)
1) Der Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist in der Regel gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit dem Auffangwert zu bewerten (LAG Düsseldorf 12.12.2016 - 4 Ta 529/16, juris). Bei einer bis zu drei Monate befristeten personellen Maßnahme erscheint eine Kürzung dieses Werts um 50 % angemessen.
2) Sind neben dem Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Anträge nach § 100 BetrVG und nach § 101 BetrVG (als Widerantrag) im selben Verfahren anhängig, sind diese jeweils mit 50 % des Antrags nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu bewerten (so auch Streitwertkatalog Ziffer II 14.5 und II 14.6).
3) Für die Bewertungen massenhaft in objektiver Antragshäufung gestellter Zustimmungsersetzungsanträge folgt die Kammer der vom Streitwertkatalog empfohlenen Staffelung des Wertes (Ziffer II 14.7).
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 4, §§ 100-101; RVG § 23 Abs. 3, §§ 33, 33 Abs. 4 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 08.07.2020; Aktenzeichen 1 BV 28/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 08.07.2020 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat Gerichtskosten in Höhe von 50,00 Euro zu tragen.
Gründe
I.
Streitig ist die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Rechtsanwaltsvergütung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren mit den Anträgen auf
- Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von bis zu 31 Leiharbeitnehmern für die Dauer von ca. einem Monat in Teilzeit von bis zu sechs Stunden/tgl. (§ 99 BetrVG),
- Feststellung der Dringlichkeit der vorläufig vorgenommenen Einstellungen (§ 100 BetrVG) und dem Widerantrag des Betriebsrats,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellungen der Arbeitnehmer aufzuheben (§ 101 BetrVG).
Das Verfahren erledigte sich durch Zeitablauf.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.07.2020 auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats den Gegenstandswert auf 17.812,50 Euro festgesetzt. Dabei hat es für den Antrag auf Zustimmungsersetzung für den 1. Arbeitnehmer 1/4 des Hilfswerts nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG angesetzt, da es sich lediglich um einen einmonatigen Einsatz in Teilzeit handele (1.250,00 Euro). Für den Feststellungsantrag zur Dringlichkeit der vorläufig durchgeführten Maßnahme und für den Widerantrag hat es jeweils die Hälfte dieses Wertes angesetzt, mithin für den 1. Arbeitnehmer insgesamt 2.500,00 Euro. Hiervon ausgehend hat es für den 2.-20. Leiharbeitnehmer in Anlehnung an die im Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit empfohlene Staffelung jeweils 25 % des Ausgangswerts (625,00 Euro x 19 = 11.875,00 Euro) und für den 21.-31. Leiharbeitnehmer jeweils 12,5 % des Ausgangswertes angesetzt (312,50 Euro x 11 = 3.437,50 Euro).
Gegen den am 17.07.2020 zugestellten Beschluss wendet sich die am 31.07.2020 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Danach betrage der Streitwert mindestens 33.305,00 Euro nach Maßgabe der Berechnung vom 06.07.2020 (Bl. 40-42 GA). Die Beschwerde führt an, dass die Begründung des Arbeitgebers für den einmonatigen Einsatz der 31 Arbeitnehmer in Teilzeit auf unterschiedliche Gründe gestützt werde, nämlich den vorübergehenden Arbeitsbedarf aufgrund von Krankheit, Urlaub oder weiteren Umständen. Eine Herabsetzung des Auffangwertes aus § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von 5.000,00 Euro auf lediglich 1.250,00 Euro (25 %) sei unverhältnismäßig. Die Maßnahmen seien zwar auf ca. einen Monat befristet, jedoch seien die Teilzeitarbeitnehmer in den Einsatzplänen tatsächlich mit 7,8 Stunden und damit in Vollzeit eingeplant worden. Zu berücksichtigen sei schließlich die Bedeutung der betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeit für den Betriebsrat, der wiederholt gegen eine Verletzung seines Beteiligungsrechts gerichtlich vorgegangen sei. Aus dem wiederholten Einsatz von Leiharbeitnehmern seien Konsequenzen für die Stammbelegschaft zu befürchten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist unbegründet.
1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung der Beschwerdekammer ausgegangen, wonach der Gegenstandswert eines Zustimmungsersetzungsantrags nach § 99 BetrVG als nicht vermögensrechtliche Streitigkeit in der Regel ausgehend von dem Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von derzeit 5.000,00 Euro und nicht unter Heranziehung des zu zahlenden Entgelts zu bewerten ist (LAG Düsseldorf 12.12.2016 - 4 Ta 5...