Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei Versetzung. DRK-Schwesternschaft. Vereinsmitglieder. Personalgestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG besteht auch dann, wenn ein zur Erbringung von Pflegediensten verpflichtetes Mitglied einer DRK-Schwesternschaft versetzt wird. Durch die Versetzung eines Mitglieds der Schwesternschaft können nämlich auch die Interessen der Arbeitnehmer/innen berührt werden, die durch den Betriebsrat vertreten werden (vgl. § 99 Abs.2 Nr.3, 5 und 6 BetrVG).

2. Die Umsetzung einer Pflegekraft in einem Krankenhaus von einer Station auf eine andere ist jedenfalls dann keine Versetzung, wenn sich hierdurch die Tätigkeit nicht wesentlich ändert.

 

Normenkette

BetrVG § 95 Abs. 3, §§ 99, 101

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Beschluss vom 06.09.2011; Aktenzeichen 7 BV 26/11)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 09.10.2013; Aktenzeichen 7 ABR 13/12)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 06.09.2011 – 7 BV 26/11 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Dem Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Versetzungen der Beschäftigten

  • T. T. von der Station IT II zur Station M 4,
  • T. M. von der Station Herz zur Station Herz Int. 2,
  • T. Q. von der Station UC3/OC4 zur Station NC. Int.,
  • P. T. von der Station M5 zur Station INTK,
  • L. W. von der Station A2 zur Station AC 2,
  • T. Q. von der UC-Poliklinik zur Station F 2,
  • E. N. als Teamleitung in der H-Poliklinik,
  • C. M. von der Stabsstelle der Pflegedirektion des UK F. zur Stabsstelle für Organisationsentwicklung bei dem Beteiligten zu 2),
  • D. M. von der Station Herz 1-3 zur Station Herz Int. 1,
  • H. T. von der Station NC 1/2 zur UC-Poliklinik,
  • T. Q. von der Station Herz 1 zur Anästhesie-Abteilung,
  • M. C. als Teamleitung in der Station NUM

aufzuheben.

II. Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligten zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung personeller Maßnahmen und dabei im Wesentlichen um die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, wenn sich die Tätigkeit von Mitarbeiter/innen, die im Wege eines Gestellungsvertrages in ein Krankenhaus entsandt wurden, ändert.

Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der bei dem Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeber) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit Sitz in F., in dem sich eine sog. E.-Schwesternschaft zusammengeschlossen hat. Sein Zweck besteht in der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der Hilfe für Menschen in Not. Er ist in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege sowie Geburtshilfe tätig. Seine Mitglieder – die sog. Schwestern sowie männliche Pflegekräfte – werden bei der Schwesternschaft selbst, ihren Einrichtungen oder – im Rahmen von Gestellungsverträgen und im Auftrag der Schwesternschaft – bei anderen Einrichtungen der Pflege kranker oder hilfsbedürftiger Menschen eingesetzt. Gemäß § 7 Abs.1 der Satzung sind die Mitglieder verpflichtet, der Schwesternschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. § 7 Abs.2 S.2 sieht vor, dass keine Arbeitsverhältnisse begründet werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Satzung, Bl. 249 d.A., Bezug genommen. Die Rechte und Pflichten zwischen der Schwesternschaft und den Mitgliedern richtet sich zusätzlich nach der Mitgliederordnung (Bl. 230 – 247 d.A.). Die Vergütung der berufstätigen Mitglieder erfolgt analog dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), die Eingruppierung zurzeit noch entsprechend den Regelungen des BAT.

Der Arbeitgeber beschäftigt aktuell ca. 1.625 Mitglieder und ca. 340 Arbeitnehmer. Ein Großteil der Beschäftigten wird im Universitätsklinikum F. (kurz: V.) auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages eingesetzt, in dem u.a. Folgendes geregelt ist:

㤠1

(1) Die Schwesternschaft übernimmt es, im Rahmen ihrer personellen und rechtlichen Möglichkeiten im Universitätsklinikum und ggf. dessen Beteiligungsgesellschaften Angehörige der pflegenden und pflegenahen Berufe … (in der Folge Gestellungspersonal oder zu gestellende Personen genannt) einzusetzen. Der Einsatz erfolgt im Interesse einer geregelten Krankenversorgung im Einvernehmen mit dem Vorstand des Universitätsklinikums.

(4) Beim Personaleinsatz und der Erfüllung ihrer übrigen Aufgaben aus diesem Vertrag sorgt die Schwesternschaft gemeinsam mit der Pflegedirektorin/dem Pflegedirektor für die berufsethisch und berufstechnisch einwandfreie Qualität der Pflegeleistungen im Universitätsklinikum.

§ 3

(1)Die von der Schwesternschaft aufgrund dieses Vertrages eingesetzten Gestellungskräfte stehen in keinem Arbeitsverhältnis zum Universitätsklinikum.

Bei der internen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zum Gestellungspersonal (Mitgliedschaft, Arbeitsverhältnis, Sonstiges) sind Schwesternschaft … frei. Ebenso obliegt die inhaltliche Gestaltung des Grundverhältnisses im Einzelnen (Anwendung oder Änderung des Vergütun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge