Leitsatz (amtlich)
Für die Bestimmung des Betriebsbegriffs ist das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparates von besonderer Bedeutung. Die Entscheidung über den Einsatz verschiedener Leitungsapparate entspringt der Organisationsbefugnis des Arbeitgebers und ist letzlich allein durch seinen Willen bestimmt. Von seinem Willen hängt deshalb ab, ob ein oder mehrere Betriebe bestehen. Ihm steht es auch offen, durch eine Neustrukturierung der betrieblichen Leitungsmacht die Betriebsstruktur zu verändern.
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 24.04.2008; Aktenzeichen 6 BV 184/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.04.2008 – 6 BV 184/07 – abgeändert. Die Anträge werden zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand des Beteiligten zu 1), dem antragstellenden Betriebsrat, nach einer Umstrukturierung.
Der Beteiligte zu 1) ist der aus 13 Mandatsträgern bestehende, im Frühjahr 2006 gewählte Betriebsrat für die T. IT Solutions & Services GmbH & Co oHG (im Folgenden: T.) für die Regionalniederlassung West. Die Betriebsorganisation der T. war in Deutschland auf 13 Regionsbetriebe verteilt. Sie war
eine hundertprozentige Tochter der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin. Zur Regionalniederlassung West gehörten die Niederlassungen E. mit ca. 100 Mitarbeitern, C. mit ca. 70 Mitarbeitern, L. mit ca. 90 Mitarbeitern, F. mit ca. 200 Mitarbeitern sowie weitere Standorte mit ca. 50 Mitarbeitern. Der als „Flächenbetriebsrat” bezeichnete Beteiligte zu 1) war für alle Arbeitnehmer in diesen Niederlassungen zuständig.
Die Geschäftsleitung der T. befand sich in N..
Der Sitz der T. Regionalniederlassung West war in E. in der T. str. 10, und damit in etwa vier Kilometer Entfernung vom Sitz der Beteiligten zu 2), deren Hauptsitz sich in der W. Straße 1 in E. befindet. Die T. hatte in dem Gebäude T. str. 10 eine Fläche von insgesamt 1.799 qm, die Beteiligte zu 2) eine Fläche von 1.197 qm angemietet. Weitere 1.617 qm hatte die T. in dem Gebäude W. Straße 1, in dem die Beteiligte zu 2) ihre Niederlassung E. betreibt, angemietet.
Der Hauptbetrieb der Beteiligten zu 2), E., steht unter der einheitlichen Betriebsleitung der Herren Dr. L., C., G. und I..
Die Betriebsleitung für die Region West bestand aus den Herren C., F. und G.. Herr C. hatte seinen Dienstsitz in den Räumlichkeiten der Beteiligten zu 2) in F.. Herr F. hatte seinen Dienstsitz in C.. Herr G. ist Personaleiter der Beteiligten zu 2), Niederlassung E. und L./C., mit Büros in L. und E.. In seinen Händen liegt zusammengefasst die Personalleitung für alle Beschäftigten für die Beteiligte zu 2). Das Tätigkeitsfeld des T. lag in den Bereichen
- IT-System und IT-Prozessberatung
- Softwareentwicklung
- IT-System-Integration
- Management von IT-Infrastrukturen sowie
- dem Vertrieb von T.-Produkten an Kunden der T. AG und Dritte.
Die Beteiligte zu 2) nimmt in ihren Niederlassungen E., L./C., F. und E. den
- Vertrieb von eigenen Produkten und
- die Einrichtung, Wartung und den Service von technischen und elektronischen Produkten aus ihrem Portfolio, z.B. Anlagen der Klimasteuerung, Ampelsteuerung oder Haustechnik
wahr.
Unter dem Datum vom 07.12.2006 war zwischen der Metall NRW, Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e.V. und weiteren Verbänden einerseits und der Industriegewerkschaft Metall andererseits ein Ergänzungstarifvertrag für die T. geschlossen worden.
In § 11 des Ergänzungstarifvertrages heißt es unter der Überschrift „Standort- und Beschäftigungssicherung”:
„Für die Dauer der Laufzeit, d.h. mindestens bis zum 30.09.2009, werden keine Betriebsratseinheiten, keine Niederlassungen im Sinne der RD und keine Standorte (wie G. oder Q.) geschlossen, verlagert oder die Beschäftigtenzahl in wesentlichem Umfang reduziert…”.
Darüber hinaus bestehen tarifvertragliche Sondervereinbarungen vom 01.04.2005 und vom 15.12.2007.
Jeweils in § 10 der Sondervereinbarungen heißt es wortgleich:
„Für die Dauer der Laufzeit dieses Tarifvertrages werden keine Niederlassungen geschlossen, verlagert oder die Beschäftigtenzahl in wesentlichem Umfang reduziert…”.
Mit Wirkung zum 01.06.2007 fand eine gesellschaftsrechtliche Anwachsung der T. auf die Beteiligte zu 2) statt. Zuvor wurde unter dem 21.05.2007 zwischen der Beteiligten zu 2) und deren Gesamtbetriebsrat zur Regelung der betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen ein Interessenausgleich vereinbart, in dessen ersten Teil geregelt wird, welche im Einzelnen benannten Gesamtbetriebsvereinbarungen der T. über den 01.06.2007 hinaus Gültigkeit behalten sollen. Der zweite Teil des Interessenausgleichs bestimmt, dass die bei der T. bestehenden Betriebsteile der regionalen Betriebsratseinheiten mit Ablauf des Jahres 2007 mit den jeweils nächst gelegenen Betriebsratseinheiten der Beteiligten zu 2) unter einheitlicher Leitung der Beteiligten zu 2) zusammengefasst werden sollten. Die Aufgaben der abgeschafften Betriebsräte sollten...