Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert eines Antrags auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Leiharbeitnehmern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Streitwert eines Antrags auf Ersetzung der Zustimmung zur Beschäftigung von Leiharbeitnehmern bemisst sich nach der zu zahlenden Vergütung, höchstens jedoch einem Vierteljahresverdienst.

2. Werden Parallelfälle betreffend mehrere Arbeitnehmer in einem Verfahren behandelt, so ist der Wert für jeden weiteren Arbeitnehmer auf 25 % des Ausgangswerts zu kürzen.

3. In unterschiedlichen Verfahren betriebene Parallelfälle sind jeweils mit dem vollen Gegenstandswert in Ansatz zu bringen.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1; GKG § 42 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.04.2015; Aktenzeichen 3 BV 46/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.04.2015, Az. 3 BV 46/15 abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren auf 11.250,00 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

Die Beteiligten stritten über die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von drei Leiharbeitnehmern als Straßenreiniger/Müllerlader auf verschiedenen Betriebshöfen und die Feststellung, dass die vorläufige Einstellung der Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 22.04.2015 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 5.625,00 € (1,5 x 3 x 25%) fest. Mangels Angaben über den Quartalsbezug der Leiharbeitnehmer legte das Arbeitsgericht den Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (5.000,00 €) als Quartalsbezug zugrunde und berücksichtigte, dass in einem vorher selbstständig betriebenen Parallelverfahren bereits der volle Ausgangswert zugrunde gelegt worden war.

Gegen den am 27.04.2015 zugestellten Beschluss legten die Vertreter des Betriebsrats im eigenen Namen mit dem am 04.05.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde ein und beantragten den Gegenstandswert auf 11.250,00 € festzusetzen. Sie rügen, dass lediglich 25 % des Ausgangswerts für den ersten Arbeitnehmer berücksichtigt worden sei. Für die Beurteilung komme es auf die Gründe für den Widerspruch des Betriebsrats an. Dieser sei gegenüber den Parallelverfahren unterschiedlich. Lediglich bei zwei Leiharbeitnehmern könne wegen der Parallelität ein Abzug vom Hilfswert vorgenommen werden. Mit Beschluss vom 22.05.2015 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet.

a) Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers und die Feststellung der sachlichen Dringlichkeit der personellen Maßnahme stellt eine vermögensrechtliche Streitigkeit dar. Der Gegenstandswert ist demgemäß nach Maßgabe von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu berechnen. Danach ist die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen vorzunehmen. Bei nicht genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Gegenstandswert auf den Hilfswert von 5.000,00 €, nach Lage des Falles auch niedriger oder höher anzusetzen, jedoch nicht über 500.000,00 € hinaus. Es muss zudem bei der Streitwertfestsetzung der in zahlreichen Sonderbestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundtendenz des Arbeitsgerichtsprozesses Rechnung getragen werden, die Verfahrenskosten zu begrenzen (vgl. LAG Düsseldorf, Beschlüsse vom 11.01.2007 - 6 Ta 638/06 -; 02.01.2008 - 6 Ta 659/07 -; 01.04.2009 - 6 Ta 159/09 -; 24.11.2010 - 2 Ta 630/10 - 07.04.2011 - 2 Ta 767/10 - ).

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer orientiert sich der Streitwert eines Zustimmungsersetzungsverfahrens iSd § 99 BetrVG bzw. eines Verfahrens über die Aufhebung einer Maßnahme gemäß § 101 BetrVG an dem zu zahlenden Arbeitsverdienst. Begrenzt wird der Streitwert durch die analoge Anwendung des § 42 Abs. 2 GKG auf höchstens einen Vierteljahresverdienst. Hieran ist trotz der Empfehlung der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit unter II. 13.2.2 des aktuellen Streitwertkatalogs (NZA 2014, 745, 747) festzuhalten. Wesentlich dafür ist die Erwägung, dass sich die Wertmaßstäbe des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG hinsichtlich der Bewertung einer Bestandsstreitigkeit als geeignete Anknüpfungspunkte darstellen (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2011 - 2 Ta 767/10 - mwN; LAG Hamm (Westfalen), Beschluss vom 21.08.2014 - 7 Ta 353/14 -, [...]). Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist von seiner Tragweite her mit einer Bestandsstreitigkeit iSd des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG vergleichbar. Der weitere Antrag nach § 100 BetrVG wird mit 50 % des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG bewertet (LAG Düsseldorf, Beschlüsse vom 30.10.2014 - 17 Ta 463/14 - ; 13.08.2008; - 2 Ta 324/08 - ; LAG Hamm, Beschluss vom 29.08.2014 - 13 Ta 402/14 -, LAG Köln, Beschluss vom 19.02.2014 - 13 Ta 362/13 -, [...] ; Streitwertkatalog Ziffer 13.5).

Sin...

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